Commander ist für mich ein vor allem soziales Spiel. Mit vier Menschen an einem Tisch zu sitzen und zusammen die Decks zu erleben gehört zu meinen persönlichen Highlights. Darum habe ich seit sehr langer Zeit mit dem Gedanken gespielt, ein Deck zu bauen, dass mit den Karten meiner Gegner*innen spielt. Nicht auf die Sen Triplets Art, sondern mehr auf die Gonti, Lord of Luxury Art. Ich will den Leuten keine Ressourcen aus ihrer Hand oder vom Feld nehmen, sondern einfach Zugriff auf alle Karten haben. Dafür hat mir sehr lange der richtige Commander gefehlt. Bis in Aetherdrift ein neuer Gonti gedruckt wurde: Gonti, Night Minister.
Die Vorgeschichte
Angefangen hat die Reise dieses Decks bei Xanathar, Guild Kingpin aus Adventures in the Forgotten Realms. Er hat ziemlich genau das gemacht, was ich mir vorgestellt habe. Er klaut keine Karten aus den Händen oder vom Feld, man muss für die Spells Mana ausgeben und er ist mit seinem Mana Value von 6 mehr als fair bepreist. Allerdings hatte das Deck einige Probleme, die sich schon nach kurzer Zeit offenbart haben.
Dadurch, dass man nur von einer Person die Spells castet, ist man sehr versucht, die selbe Person im Fokus zu behalten. Einfach, weil die Synergie der geklauten Karten so am höchsten ist. Dazu kommt es nicht selten vor, dass man zwei Länder hintereinander auf der Bibliothek findet und dann ist der schöne Xanathar Zug einfach vorbei. Am Ende hatte keine Person am Tisch richtig Spaß mit dem Deck und ich habe das Projekt sehr schnell Ad Acta gelegt.
Erst als Ramirez DePietro, Pillager gedruckt wurde, hat die Idee neues Futter bekommen. Obwohl er auch eine Dimir Legende ist, haben die Decks doch sehr unterschiedlich ausgesehen. Denn auch wenn er wie Xanathar mit den Karten meiner Gegner*innen spielt, waren die Decks doch grundlegend unterschiedlich. Denn Ramirez DePietro ist vor allem ein Piraten-Typal-Commander. Und daran ist mein Deck letztlich auch gescheitert.
Es gab einfach zu viele Stellschrauben, an denen gedreht werden musste. Man musste die richtige Menge an Piraten im Deck haben, damit man überhaupt die Karten der Gegner*innen spielen kann. Und dann muss man schauen, dass man das richtige Mana für die Spells hat. Ramirez macht außerdem Treasure on ETB, was mich dazu verleitet hat, das Deck eher um diese Fähigkeit zu bauen. Ich wollte also ein Deck, das mit allen Decks spielt und hatte am Ende eins, das mit Treasures Schindluder getrieben hat. Also ging es zurück ans Reißbrett.
Es gab zwischendurch immer mal wieder Commander, die mich angesprochen haben, aber so richtig gereizt hat mich keiner mehr. Denn es gibt ein Problem, dass sie alle gemeinsam haben, dass ich noch nicht angesprochen habe: Menschen spielen nicht gerne gegen Decks dieser Art. Außerdem sind diese Decks nicht ordentlich über Spelltable zu spielen und das ist nun einmal die Art, wie ich am häufigsten Spiele. Es lässt sich einfach am besten mit meinem Alltag vereinbaren. Einfach den Laptop anschmeißen und ein bis zwei Runden von Zuhause aus zocken ist sehr komfortabel und der Grund, warum ich überhaupt so viel zum Spielen komme. Aber über Webcam einen Spell wie Villainous Wealth zu resolven gehört zu den unspaßigsten Dingen, die mir einfallen.
Darum war klar, wenn ich so ein Deck baue, dann wird es nur auf Community Treffen oder anderen Events gespielt. Und ein Deck nur dafür zu haben, kam mir etwas albern vor. Also habe ich mich innerlich von der Idee verabschiedet. Ich hab ab und zu online eine Deckliste gebaut, aber war nie wirklich mit dem Herz dabei. Weil es wenig Sinn ergeben hat, Energie in ein Deck zu stecken, das ich nicht spielen kann oder will. Das hat sich erst geändert, als ich in den Spoilern von Aetherdrift den neuen Gonti gesehen habe. Denn der hat alles verändert.
Gonti, Night Minister
Der neue Gonti ist genau, was ich mir als einen “Play your Deck” Commander vorgestellt habe. Er exilt für jede Kreatur eine Karte, er lässt die Karten spielen, solange sie im Exil sind und er fixt das Mana für diese Spells. Außerdem bekommt man einen Treasure, wenn man einen Spell castet, der einem nicht gehört. Und, das Beste habe ich mir natürlich für den Schluss aufgehoben, er triggert für alle Spieler*innen am Tisch. Das bedeutet, wenn eine Spieler*in einer meiner Gegner*innen Schaden macht, dann darf sie auch Karten klauen. Das sorgt für eine sehr witzige Dynamik am Tisch.
Außerdem hatte ich schon den perfekten Deck-Kern, auf dem sich sehr leicht aufbauen ließ. Denn ich habe meine Sammlung schon vor einiger Zeit nach Karten für Gix, Yawgmoth Praetor durchforstet. Ein Freund von mir hat das Deck gespielt und ich selbst spiele ihn in den 99 von meinem The Raven Man Deck. Er ist ein lustiger Commander, aber am Ende war die Überschneidung zwischen ihm und dem Raben Mann etwas zu groß. Und auch bei Gonti hatte ich etwas Sorge, dass es sich sehr ähnlich spielen könnte.
Denn wie eigentlich immer wollte ich kleine, günstige Flieger spielen. Das überrascht jetzt nicht wirklich, weil “Fliegen” eins meiner liebsten Key Words in MtG ist und Flying Men eine meiner liebsten Karten. Außerdem sind erstaunlich viele Commander Decks sehr anfällig gegen eine große Horde fliegender Angreifer. Wenn ich jetzt noch den Pay Off in meiner Command Zone habe, dann kann eigentlich ziemlich wenig schief gehen. Das Skelett des Decks existierte also schon und das Community Treffen von ProdZeit und Bunte Knete stand kurz bevor. Darum habe ich die restlichen Karten zusammengeworfen und gesleeved.
Das allererste Spiel hat mir aber auch direkt gezeigt, was alles schief laufen kann, wenn ich dieses Deck auspacke. Denn ich musste direkt gegen Toxrill, the Corrosive ran. Ein absolut furchtbarer Commander, der das komplette Antidote zu meinem Deck ist. Denn ich will das Spielfeld mit vielen kleinen Kreaturen schwemmen und Toxrill wipet jede Runde mein gesamtes Board. Außerdem ist Gonti gecountert worden, als ich ihn das erste Mal casten wollte. Schade, aber damit war mein Spiel auch so gut wie gelaufen. Das Deck ist so verlangsamt worden, dass ich nicht wieder ins Spiel gefunden habe, bis Toxrill auf dem Board lag. Und danach war es komplett für mich vorbei.
Manchmal läuft es eben so. Das Spiel hat mir aber gut aufgezeigt, wo die Probleme bei meinem Deck liegen und es war eben nur ein Spiel. Auf dem Community Treffen habe ich das Deck weiter testen können und es hat genau das gemacht, was ich gehofft habe. Ich konnte Karten klauen und der Game Plan ist so weit aufgegangen, dass ich sogar zweimal gewinnen konnte. Und ich hatte bei keinem der Spiele das Gefühl, dass die Menschen salzig waren, als ich mit ihren Karten gespielt habe. Doch es gab ein paar Probleme, die ich in der aktuellen Version des Decks angepasst habe.
Das Deck heute
Das Deck in der aktuellen Version hat vor allem mehr Card Draw als am Anfang. Ich habe nämlich gedacht, dass der Impuls Draw von Gonti ausreicht, doch dem war nicht so. Ich kann zwar die Länder aus dem Exil spielen, doch die bringen mir meist wenig für meine eigenen Spells. Außerdem kann es sein, dass man je nach Deck Karten ins Exil schickt, die einem absolut gar nichts bringen. Ich habe zum Beispiel mal gegen Arcades, the Strategist gespielt und ausschließlich Länder und Defender geexilt. In so einem Fall ist es gut, wenn man eine volle Hand hat und seine eigenen Spells casten kann.
Insgesamt unterscheidet sich dieses Deck vom Spielstil doch sehr von einem klassischen Flying Men Deck. Davon habe ich nämlich auch eins gebaut, als im Sommer die Ankündigung kam, dass Vehicles auch Commander werden können. The Indomitable liest sich im ersten Moment sehr ähnlich wie Gonti. Doch der Unterschied zwischen Karten, die meine Gegner*innen ins Deck gepackt haben und Karten, die ich selbst ausgesucht habe, ist riesig. Mit Gonti muss ich viel mehr denken, dafür können sich auch witzigere Interaktionen auftun.
Außerdem habe ich einige Bomben mit ins Deck genommen. Denn sonst passiert es, dass mein Commander nicht mehr auf dem Feld liegt und ich nur noch sehr wenig am Spiel teilnehmen kann. Für solche Fälle spiele ich Karten wie den Hoarding Broodlord, der zwar auch ein Tutor ist, mich aber alle Spells, die ich mit Gonti geexilt habe, convocen lässt. Das hat mir schon aus so mancher Patsche geholfen und lässt mich meine Kreaturen nutzen, selbst wenn sie nicht angreifen können. Das passiert zwar nicht oft, aber es ist schön, Optionen zu haben.
Eine weitere Bombe ist mein Crypt Ghast, den ich kürzlich in einer Sammlungsauflösung kaufen konnte. Er lässt meine Sümpfe für ein zusätzliches schwarzes Mana tappen und hat dafür gesorgt, dass ich statt einiger schwacher Utility Lands wieder mehr Sümpfe spiele. Außerdem ist es immer nett, wenn man ein bisschen Leben dazu bekommen kann und Extort ist dafür eine ziemlich nette Variante. Besonders, wenn das Deck 28 Mana Value 2 oder weniger Kreaturen spielt. Die hohe Dichte an Pip-intensiven Karten ist auch der Grund, warum ich einen Gary und einen Nykthos, Shrine to Nyx spiele.
Alles in allem ist hier ein Deck entstanden, was mir sehr viel Freude bereitet. Leider kann ich es nicht über Spell Table spielen, aber das ist ein Preis, den ich gerne bezahle. Kein anderes Deck sorgt für so viel Abwechslung im Spiel und lustige Geschichten. Gonti sorgt dafür, dass man Synergien während des Spiels entdeckt, die man vorher nicht kannte. Und er erhöht die Varianz an jedem Tisch, an dem ich bis jetzt gespielt habe. Dafür liebe ich das Deck, auch wenn ich es nicht so oft spielen kann, wie ich gerne wollte.
Doch da ich das Deck nur an physischen Tischen auspacken kann, habe ich eine kleine Tradition ins Leben gerufen. Ich bitte jede Person, die mit oder gegen dieses Deck gespielt hat, auf meinem Commander zu unterschreiben. Dadurch bleibt mir jedes Spiel mit diesem Deck ein bisschen mehr in Erinnerung und ich muss jedes Mal grinsen, wenn ich meinen Commander anschaue. Und mehr kann man in meinen Augen von einem Deck nicht verlangen.
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