In der Commander Community gibt es Regeln, wie in jedem Format. Wir haben zum Beispiel einen Zone mehr, die sogenannte Command Zone, in der sich unser Commander befindet. Diese Zone gibt es in regulären Magic nicht und darum muss geklärt sein, wie diese Zone definiert ist und wann man den Commander spielen darf usw. Dazu gibt es ein eigenes Regelwerk, was den Deckbau regelt, bzw was definiert, was die Colore Identity eigentlich ist. Doch es gibt auch einen Haufen ungeschriebene Regeln in Commander, die es gerade neuen und weniger erfahrenen Spieler*innen schwer machen. 

Denn es gibt das so genannte Philosophy Document. Darin macht das Rules Committee exemplarisch klar, was sie denken, was gut für Commander ist. Ungeschriebene Regeln werden dabei allerdings immer nur angerissen und nicht wirklich erklärt und damit habe ich meine Schwierigkeiten. Weshalb ich mich hier darüber auslasse.

Du sollst nicht anfassen das Mana der anderen

Eine der größten ungeschriebenen Regeln ist, dass man die Länder der anderen Mitspieler*innen in Frieden lässt. Damit ist vor allem das massenhafte Zerstören von Ländern gemeint im folgenden MLD für Mass Land Destruction abgekürzt. MLD ist so verpönt, dass Leute ein Spiel verlassen, wenn ihre Länder zerstört werden und darüber im Rule 0 Gespräch nicht geredet worden ist. Grün ist vor allem deshalb so mächtig in Casual Commander, weil es diese ungeschriebene Regeln gibt. Und außer Grün hat eben nur Weiß die Möglichkeit, mit Ländern zu rampen.

Es ergibt natürlich Sinn, dass Leute es nicht mögen, wenn man ihre Ressourcen beeinträchtigt. Man braucht Mana um Magic zu spielen und wenn man kein Mana mehr hat, dann verschwendet man seine Zeit. Länder zerstören um Länder zu zerstören trifft bei den meisten Spieler*innen auf Salz, weil dadurch die Spiele unnötig verlängert werden. Allerdings gibt es auch Szenarien, in denen es durchaus Sinn ergibt den anderen Spieler*innen den Zugriff auf Ressourcen zu nehmen.
Man kann MLD auch als Finisher spielen. Das wird gerne gemacht, wenn man einen Boardstate hat, der sehr viel besser entwickelt ist als bei allen anderen Spieler*innen. Man hat beispielsweise einen Kozilek, Butcher of Truth auf dem Board und zerstört dann alle Länder. Dann wird Kozilek das Spiel übernehmen, weil er Annihilator 4 hat und bei jedem Angriff die Gegner*innen zwingt 4 Permanents zu opfern. Und niemand kann etwas dagegen  tun, weil niemand Mana hat, um etwas dagegen zu tun. In diesem Fall hat MLD das Spiel gewonnen, weil der Rest vom Tisch einfach scoopen kann. Was allerdings nicht heißt, dass die Gegner*innen deshalb nicht salzig sind.

Dieser Einsatz von MLD ist aber der Grund, zumindest nehme ich das an, dass nicht alle MLD Spells wie Armageddon gebannt werden. Für Neueinsteiger*innen wäre es allerdings hilfreich, wenn sie es wären. Denn woher soll jemand wissen, dass MLD ein Tabu ist, wenn man es ihm nicht über die Banned List klar macht? Worldfire ist nicht einmal mehr auf der Banned List. Das ist auch so ein Spell, der das Spiel beendet oder bis ins Unendliche zieht. Der Grund für den unban war, dass Worldfire sehr viel Mana kostet und es diesen Effekt sowieso in Commander gibt. Rule 0 wirds schon richten…

Stax

Wo genau der Name Stax eigentlich herkommt, ist nicht ganz klar, aber am Ende ist es auch nicht so wichtig. Unter dem Begriff Stax werden alle Karten zusammengefasst, die in irgendeiner Art und Weise das Spiel unserer Gegner*innen behindern. Thalia, Guardian of Thraben ist ein klassisches Stax Piece, weil sie alle Noncreature Spells teurer macht. Winter Orb ist ebenfalls ein klares Stax Piece, weil man mit ihm im Spiel nur zwei Länder pro Zug enttappen darf.

Stax spielt man in der Regel in Decks, in den man die symmetrisch schlechten Effekte irgendwie umgehen kann. Thalia spielt man vor allem in Decks mit vielen Kreaturen. Vor allem Decks, die ihn zuverlässig tappen können, spielen Winter Orb. So wie Urza, Lord High Artificer. Stax sind sehr mächtige Karten, weil sie einem selbst Zeit erkaufen um sein Board so einzurichten, dass man gewinnen kann.
Doch gibt es Stax bezüglich auch ungeschriebenen Regeln. Diese Regeln sagen, man spielt keine harten Stax Pieces, es sei denn, man redet vor dem Spiel darüber. Der Grund ist derselbe wie bei MLD. Leute wollen Magic spielen und dafür müssen sie die Ressourcen nutzen können, die sie zur Verfügung haben. Wenn sie die Ressourcen nicht mehr nutzen können, sitzen sie nur als Zuschauer*innen am Tisch und das ist ein echt ungutes Gefühl.

Doch auch das müssen neue Spieler*innen irgendwie herausfinden und auch hier ist ein Blick auf die Banned List nicht hilfreich. All die Karten, die ich erwähnt habe und noch “schlimmere” sind legal in Commander. Smokestack, Stasis, Blood Moon, Static Orb, Rest in Peace, alles legale und sehr, sehr starke Karten. Doch wird man in Casual Commander schräg angeschaut oder vom Hof gejagt, wenn man mit ihnen spielt. Vor allem, wenn man sie vor dem Spiel nicht erwähnt hat.

Du sprichst über dein Power Level

Ich bin mir nicht sicher, ob es noch eine ungeschriebene Regel ist, dass man vor dem Spiel über das Power Level seines Decks spricht. Wie man das angeht, habe ich schon in einem Artikel versucht zu erläutern und warum das für Anfänger*innen nicht immer leicht ist, habe ich auch beschrieben. Rule 0 bzw. das Pregame Gespräch sind die großen Stützen, die das gesamte Format tragen. Und dafür, dass diesem Gespräch so viel Verantwortung aufgebürdet wird, gibt es sehr wenig spezifische Kriterien, wie man es erfolgreich absolviert. Das RC hat in diese Richtung noch keine Richtlinien festgelegt und das ist in meinen Augen ein Problem.

Ich will damit nicht sagen, dass es nicht auch ohne diese Richtlinie funktioniert. Ich selbst spiele viel Commander über Spelltable und habe viele gute Erfahrungen gemacht. Allerdings nicht ausschließlich, weil es ab und zu Menschen gibt, die einfach ein anderes Mindset haben. Diese Menschen haben in der Regel nicht so viel Erfahrung mit Commander, dafür aber mit anderen Formaten. Und für diese Menschen ist es komplett unverständlich, dass es um etwas anderes gehen könnte als gewinnen.
Von jeder Person zu erwarten, dass sie sich mit dem gesamten Diskurs, der über Commander geführt wird, auseinandersetzt, ist eine ziemlich hohe Latte. Doch ungeschriebene Regeln verlangen das von Neulingen in unserem Format. Warum ist es zum Beispiel in Ordnung, in jedem Deck einen Sol Ring zu spielen, aber keine Mana Crypt? Oder warum sind mana-positive Manarocks nicht für Casual Gameplay geeignet? Was ist eigentlich das Problem mit diesem Dockside Extortionist, von dem alle reden?

Das sind alles Punkte, für die man ein wenig braucht, um sie zu erklären. Einfach zu erwarten, dass es ohne Weisung von oben einen Standard gibt, auf den sich die gesamte Community einigt, ist utopisch. 

Ungeschriebene Regeln = Gatekeeping?

Mein Problem mit ungeschriebenen Regeln ist, dass sie Menschen ausschließen, die es nicht besser wissen können. “Commander is for fun” ist, glaube ich, das Zitat, was ich am aller häufigsten gebracht habe auf meinem Blog. Dieser Satz verkörpert das großartige an unserem Format und zeigt wie kein anderer das Problem damit auf. Denn Spaß ist subjektiv und nur weil ich Spaß habe, mit Narset, Enlightened Master einen Extra-Turn-Spell nach dem nächsten zu flippen heißt das nicht, dass meine Gegner*innen das auch feiern. Man braucht Zeit, um solche Erfahrungen zu machen und dadurch zu verstehen, wo vielleicht Probleme liegen können.

Das erste Mal, als man einen Craterhoof Behemoth gespielt hat, war es ein erhabener Moment. Man hat aus dem nichts all seine Gegner*innen auf einmal aus dem Spiel genommen und das fühlt sich fantastisch an. Doch wenn man das mehr als einmal gemacht hat, verliert es sehr schnell an Reiz, weil es sich einfach wiederholt. Genau das gleiche mit Dockside. Wenn man das erste Mal einen Dockside spielt und 10 Schätze damit macht, ist es ein erhabenes Gefühl. Doch auch dieses Gefühl ist flüchtig, weil der Rest des Tischs nicht die coolen Dinge sieht, die man macht, nachdem man den Dockside gecastet hat. Alle stempeln es als Dockside Combo ab und stellen sich gedanklich auf das nächste Spiel ein.

Jede Person hat das Recht diese Erfahrungen selbst zu machen, denn die meisten von uns Veteran*innen können nachvollziehen, warum neue Spieler*innen diese Karten ausprobieren wollen. “Gamers gonna Game” sagt man ja auch so schön und meint damit, dass Spieler*innen jedes Spiels versuchen, ihr Spiel zu lösen. Da ist es ganz natürlich, dass man die stärksten Karten spielen und so oft wie möglich gewinnen will.

Doch da wir ungeschriebene Regeln haben, gibt es Menschen, die neue Spieler*innen gleich angehen und ihnen das Gefühl geben, dass sie ihren “Fehler” doch eigentlich selbst erkennen müssen. Schließlich ist es ja allgemein bekannt und gehört sich so, wenn man Commander spielt. Und das ist eine sehr effiziente Methode, Menschen wieder aus dem Format zu werfen.

Da Commander aber davon lebt, dass immer mehr Menschen spielen, finde ich es wichtig, dass wir ungeschriebene Regeln so transparent wie möglich kommunizieren. Wie in jedem sozialen Vertrag, den wir in unserem Leben eingehen, ist es eine Einigung der vielen zum Wohle aller. Doch diese Einigung muss weitergegeben und gegebenenfalls angepasst werden, wenn sie nicht als Instrument genutzt werden soll, die “Unwissenden” auszuschließen. Und vielleicht würde es helfen, wenn man diese Regeln einfach aufschreibt und vielleicht sogar durch Bans unterstützt. Damit ist natürlich kein Erfolg garantiert, aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

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