Willkommen zurück zur zweiten Runde “Volrath oder Gerrard”. Mein Pilot Artikel hat doch für mehr Diskussionen gesorgt als ich gedacht habe und ich möchte allen Teilnehmenden danke sagen. Und noch herzlicher möchte ich mich bei der Person bedanken, die mir für diesen Artikel ihre Geschichte geschickt hat. Diese Person möchte allerdings namentlich nicht genannt werden und darum tue ich ihr diesen Gefallen. Doch genug der Vorworte, hier ist die Geschichte. Denn heute geht es um den Locust God:

Die Geschichte

Hallo Ove,

ich hab deinen letzten Artikel gelesen und er hat mir gut gefallen. Es ist spannend zu hören, dass es wohl häufiger zu Meinungsverschiedenheiten in Spielläden kommt, einer der Gründe, warum ich in meinem so gut wie nie spiele. Ich spiele fast ausschließlich in meiner privaten Gruppe aus Freunden und wir treffen uns ein- bis zweimal in der Woche. In der Regel läuft dort alles sehr harmonisch ab, doch besonders bei einem Spieler wird es ab und zu etwas salzig.

Ich werde jetzt hier keine Namen nennen, aber dieser Spieler hat eine Tendenz, sehr starke Commander zu spielen. Toxrill, Koma, Breya, alles Commander, mit denen wir uns regelmäßig auseinandersetzen müssen. Er baut sehr schnell starke Boards auf und ist dann beleidigt, wenn er der Arch Enemy wird. Für den weiteren Verlauf nennen wir den Spieler am besten AE.
Wir haben auch am letzten Samstag zusammen gespielt. Freund 1 hat Strefan, Maurer Progenitor, Freund 2 hat Brimaz, Blight of Oreskos, ich habe Abdel Adrian/ Far Traveler und AE The Locust God gespielt. Vielleicht habe ich da mittlerweile Vorurteile, aber ich glaube, dass besonders der Locust God kein Casual Deck mehr ist. In der Regel gewinnt es mit einer Combo, wo AE genug Locust Token bekommt, um den ganzen Tisch rauszunehmen. Aber da ich das  weiß, suche ich bewusst nach einer Hand mit Interaktion. Das fällt mir in meinem Deck nicht so schwer, weil Abdel Adrian ein Blink Deck ist und viele von meinen ETBs Kreaturen exilen können.

Wir starten also unser Spiel und es geht recht entspannt los. Alle rampen in den ersten Zügen und Freund 1 wird recht schnell gefährlich. Er hat sowohl seinen Commander mit Darksteel Plate, als auch einen Creeping Bloodsucker auf dem Board. So hat er jede Runde genug , um seinen Commander zu aktivieren und kann mit ihm angreifen, ohne Strefan in Gefahr zu bringen. Es hat mich und Freund 2 etwas von unserer Interaktion gekostet, sich um dieses Problem zu kümmern. AE hat nicht viel gemacht, außer dein Board zu entwickeln und als Freund 1 kein Problem mehr war, hat AE seinen Commander gespielt.

Mir war klar, dass es ab jetzt ernst werden würde, darum habe ich in meinem Zug einen Deal mit Freund 1 gemacht. Meine beiden Commander erlauben es mir, in meinem Endstep eine getappte Kreatur zu flickern. Ich hatte einen Fiend Hunter auf meinem Feld, unter dem ich den Bloodsucker geexilt habe. Wir haben also abgemacht, dass ich Freund 1 mit meinem Hunter angreifen kann, um den Hunter im End Step zu flickern. Das würde zwar den Bloodsucker befreien, doch ich war mir sicher, dass der Locust God ein größeres Problem darstellt.

Das hat AE aber überhaupt nicht gefallen und er hat sich lautstark darüber beschwert. Immer nehmen wir ihn als Target, er hat das Spiel über noch gar nichts gemacht außer deinen Commander zu spielen, etc. Ich erkläre ihm ruhig, dass wir schon oft gegen das Deck gespielt haben und er den Locust God nur spielt, wenn er danach das Spiel gewinnen kann. Er hat sich noch etwas beschwert,bis ich den Zug an ihn abgegeben habe. 

Seine erste Amtshandlung war, mit einem Pongify meinen Fiend Hunter zu zerstören. Dann hat er einen Sage of the Falls auf den Stack gelegt. Wer die Karte nicht kennt, sie lässt den Beherrscher looten, wenn eine Nicht-Mensch-Kreatur unter seiner Kontrolle ins Spiel kommt. Wir haben hier also eine Infinite Combo mit dem Locust God, der für jede Karte, die gezogen wird, ein Insekt mit Haste macht. 

Zum Glück bin ich nicht der einzige, der schon einmal gegen AE gespielt hat. Denn Freund 2 hat sich für diesen Fall ein Swords to Plowshares aufgehoben. Damit hat er den Locust God angezielt. Daraufhin wieder Beschwerden von AE. Was soll das denn jetzt? Warum gehen alle immer nur auf mich, etc.  Ziemlich angesäuert hat er einen Pact of Negation gespielt und das Swords gecountert. Der Sage ist also resolved und AE hat einen Opt auf den Stack gepackt, um die Karte zu ziehen, die seine Combo zum Laufen bringt. Doch bevor der Spell resolven konnte, hat Freund 1 eine Baleful Mastery abgefeuert, um zu verhindern, dass wir das Spiel verlieren. Doch auch hierfür hatte AE einen Counterspell.
AE hat also den Großteil von seinem Deck gezogen (am Ende waren noch 2 Karten in seiner Bibliothek) und was um die 70 Insekten gemacht. Mit seinem letzten Mana hat er dann noch eine Shared Animosity gespielt, die allen Insekten zum Angriff +70/+0 und damit mehr als genug Power gibt, den ganzen Tisch umzulegen. Doch als AE zum Angriff geblasen hat, schlug meine große Stunde. Denn ich habe mir noch zwei Mana offen gehalten, um einen Dawn Charm zu spielen und allen Kampfschaden zu verhindern.
Das war zu viel für AE, der darauf hin aufgesprungen ist und gebrüllt hat, wie unfair der ganze Zug gewesen sei. Alle haben sich nur gegen ihn verbündet, er sei ja sowieso immer das Target und er habe jetzt auch keine Lust mehr weiter zu spielen. Also hat er seine Karten zusammengeschoben, seine Decks eingepackt und ist gegangen. Wir haben noch versucht, ihn zu beruhigen, doch da war nichts mehr zu machen. Er hat sich am nächsten Tag entschuldigt, dass er so emotional gewesen ist, aber er konnte es nicht ertragen, dass er so um seinen Sieg betrogen wurde.
Jetzt ist meine Frage: Wer ist hier der Volrath? Ist es wirklich falsch, dass wir unsere Interaktion für das stärkste Deck am Tisch aufbewahren? Ich bin sehr gespannt auf deine Meinung und entschuldige die lange Nachricht.

Erste Einschätzung

Vielen Dank fürs Einsenden und mach dir keine Gedanken, die Geschichte war nicht zu lang. Es liest sich erstmal ziemlich eindeutig. Ein Spieler am Tisch versucht das Spiel zu beenden und wird vom Rest des Tisches gestoppt. Da ist nichts besonderes dran, denn so funktionieren Magic und auch Commander. Natürlich ist es nicht schön, wenn mit dem eigenen Board interagiert wird. Aber letztlich ist es eine Sache, mit der man rechnen muss. Am Ende des Tages ist Commander ein Spiel, bei dem es am Ende eine Gewinner*in gibt. Das bedeutet aber auch, dass drei Spieler*innen verlieren. Und um nicht zu ven Verlierenden zu hören, spielt man Interaktion.
Was hier allerdings nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist die Masse an Interaction, die ihr AE entgegen geworfen habt. Es ist erstaunlich, dass ihr alle eine Möglichkeit hattet, mit einem der Combo Pieces zu interagieren. In meinen Spielen ist es sehr selten, dass man durch mehr als ein Interaction Piece kämpfen muss. Das mag eine Besonderheit eurer Playgroup sein, aber es ist auffällig. Und es muss auch AE aufgefallen sein, wenn er einen Pact of Negation in seinem Deck spielt, um seine Combo zu beschützen.

Ich will damit nicht sagen, dass es falsch war, dass ihr eure Interaction eingesetzt habt. Doch wenn AE sowieso schon den Eindruck hat, dass er immer im Fokus steht, hilft es natürlich nicht, wenn tatsächlich alle seiner Gegner*innen Removal für seine Combo haben. Und es ist natürlich, dass man enttäuscht ist, wenn man sich durch so viel Widerstand gekämpft hat und am Ende doch scheitert. Diesen Raum enttäuscht zu sein sollte man seinen Gegner*innen schon einräumen.
Doch laut werden, seine Karten zusammenschieben und den Abend nicht nur für sich, sondern für alle zu beenden, ist schon eine ziemlich krasse Reaktion. Niemand muss ein Spiel spielen, dass ihm keine Freude bereitet. Doch wenn einem ein Kartenspiel so nahe geht, dass man nicht mehr im selben Raum sein kann wie seine Freunde, dann läuft was verkehrt. Ich hoffe mal, dass du ein sehr krasses Beispiel ausgesucht hast. Denn wenn das bei euren Treffen die Norm ist, wäre das auf jeden Fall eine Gruppe, mit der ich mich auf Dauer nicht mehr treffen wollen würde.

Das Fazit

Ich bin der Meinung, dass du, Freund 1 und Freund 2 nicht der Volrath sind. Removal ist ein fairer Teil des Spiels und sollte genutzt werden, wenn man es kann. Dazu kommt, dass ihr es vor allem eingesetzt habt, als ihr keine andere Möglichkeit hattet. Ausgenommen davon

ist deine Aktion mit dem Fiend Hunter. Gerade weil du darunter den Creeping Bloodsucker geexilt hattest, kann ich AE in gewisser Weise verstehen. The Locust God ist eine sehr gefährliche Karte, doch ich bin nicht sicher, ob ich mich an deiner Stelle genau so verhalten hätte. Gerade wenn ich weiß, dass die Spieler*in leicht zu erzürnen ist und sich immer als Ziel aller Removal fühlt. Auch wenn diese Person sehr gefährliche Commander spielt, heißt es nicht, dass man sie auf Verdacht immer removen muss. 

Wenn es einen Volrath in eurer Geschichte gibt, dann ist es wahrscheinlich AE, doch auch nicht so richtig. Seine Aktion nach dem Dawn Charm ist kindisch, aber ich kann verstehen, dass er frustriert ist. Doch das gibt ihm natürlich nicht das Recht, sich wie ein 13-Jähriger aufzuführen, der seinen Ball eingepackt und nach Hause geht. Klingt ehrlich gesagt nach keiner guten Strategie, mit Enttäuschung umzugehen. Allerdings weiß ich auch nicht, wie alt AE ist, deshalb immer im Zweifel für den Angeklagten.

Eins der Probleme in eurer Gruppe scheint zu sein, dass es eine Diskrepanz in eurer Wahrnehmung gibt. Das muss nicht einmal heißen, dass einer von euch im Recht und einer im Unrecht ist. Es scheint mir vielmehr, als müsstet ihr als Gruppe einmal grundsätzlich miteinander sprechen, was ihr von euren Commander Runden erwartet. Vielleicht ist sich AE nicht bewusst, dass seine Decks vor allem deshalb in den Fokus geraten, weil sie von starken Commandern angeführt werden. Vielleicht sind seine Decks so stark, weil er 0 Mana Counterspells in seinen Casual Decks spielt. Das sind alles nur Vermutungen, aber um diesen Verdacht auszuräumen hilft es manchmal nur, wenn man miteinander redet.
Ich habe die Erfahrung auch in meiner Playgroup gemacht. Wir haben einen recht klassischen Wettrüsten-Arc hinter uns gebracht, in dem jeder von uns seine Decks immer ein bisschen stärker gebaut hat, weil man “mithalten” wollte. “Mithalten” haben wir gesagt, “gewinnen” haben wir gemeint. Und das geht am besten mit einem starken Deck. Das ging so weit, dass sich Commander fast wie Arbeit angefühlt hat. Also haben wir uns zusammengesetzt und darüber gesprochen, was wir von unseren gemeinsamen Abenden erwarten. Es hat mehr als ein Gespräch gebraucht, aber am Ende hatten alle wieder etwas mehr Freude am Spiel. Der Druck und die Spannung waren weg und Commander hat sich wieder nach Freizeit angefühlt. 

Das wäre also mein Rat für eure Runde, gerade jetzt, wo die Gräben schon recht tief sind. In einem sozialen Format lassen sich die Probleme meist nur auf der sozialen Ebene lösen. Vor allem, wenn man mit guten Freunden spielt.
Und als letzten Tipp in eigener Sache kann ich deinem Freund AE empfehlen, sich mal meinen Artikel Archenemy, aber richtig durch zu  lesen. Vielleicht hilft das ja auch schon als kleiner Eisbrecher und Start in ein Gespräch.

Wenn ihr nun auch Lust bekommen habt heraus zu finden, ob ihr an eurem Commander Tisch der Volrath wart, schreibt mir gerne. Ihr erreicht mich über Instagram, Twitter oder auf Discord unter EDHlove. Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal.

Kommentare

  • Volrath oder Gerrard 3: Die Überraschung : edh.l.ove
    Antworten

    […] Volrath oder Gerrard 2- Der Locust God Arch Enemy […]

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