Willkommen zurück nach meinen kleinen Schaffenspause, die ich mit meiner Dame an der Ostsee verbringen durfte. Jetzt bin ich konzentriert, gestärkt, erholt und gut gelaunt und jetzt geht es auch weiter mit meinem Blog und Magic the Gathering. Ich hatte sehr viel Zeit mir Gedanken zu machen, zu lesen und auf neue Ideen zu kommen. Ich habe versucht, auch den Content, den ich sonst anschaue und die sozialen Medien zu meiden. Urlaub ist schließlich dazu da, seinen Alltag hinter sich zu lassen und sich mit Dingen zu beschäftigen, für die man sonst weder Zeit noch Ruhe hat. Und darum möchte ich heute erläutern, warum Deckbau in Commander für mich ist wie gärtnern.

Ein wenig Kontext

Die Idee mit dem Garten und Commander ist nicht neu. Sam von Rhystic Studies hat diesen Gedanken als erster formuliert, als er beim Commander Sphere Podcast zu Gast war. Wem diese beiden Namen nichts sagen, kann ich nur ans Herz legen, dass ihr die mal auf YouTube sucht. Beide machen sehr guten Content.
Wie auch immer, Sam  hat in einem Nebensatz erwähnt, dass der Deckbau einen Aspekt an sich hat, der wie gärtnern ist. Er ist da nicht weiter drauf eingegangen, weil er in seinen Gedanken schon gleich weiter gesprungen ist. Doch ich bin da gedanklich hängen geblieben, denn so habe ich die Sache noch gar nicht betrachtet. Meditativ, das ist der Deckbau für mich auf jeden Fall. Nicht vollendet und im ständigen Wandel passt auch zu den Erfahrungen, die ich gemacht habe. Aber wie gärntern?

Gärtnern ist für mich keine Sache, die ich in meiner Freizeit mache. Ich habe keinen eigenen Garten und die Blumen auf unserem Balkon sind die Leidenschaft meiner Dame. Ich gieße sie, aber damit habe ich auch meine Schuldigkeit getan. Als Kind wurde ich von meiner Mutter genötigt, ihr in ihrem Garten zu helfen und ich habe es gehasst. Eine todsichere Methode, um jemandem die Freude am Gärtnern zu nehmen, ist, ihn jedes Wochenende zu zwingen Unkraut zu jäten. Ich habe alles daran gehasst. Das Knien auf dem Boden, die kalten Finger und am meisten das Gefühl, wenn Erde auf meiner Haut trocknet. Wenn ich jetzt daran denke, bekomme ich Gänsehaut. Ich habe sehr viele schöne Kindheitserinnerungen, aber das ist keine davon.

Gedeih und Verderb


Und doch lässt sich nicht leugnen, dass es zwischen mir beim Commander Deckbau Parallelen gibt zu meiner Mutter, die sich um ihren Garten kümmert. Man schafft mit seinen Händen und mit seiner Kreativität etwas, dass einem sehr lange Freude bereitet. Doch die Natur der Sache bringt auch mit sich, dass diese Freude temporär ist. Meine ältesten Commander Decks kommen aus Commander Legends, einem Set, dass im November 2020 erschienen ist. Das ist nun mehr fast 2 Jahre her, aber das ist auch mein wirklich ältestes Deck. Es ist übrigens mein Colfenor Deck, über das ich meinen ersten Text hier auf diesem Blog geschrieben habe.
Die meisten meiner Decks haben keine so lange Lebensspanne. Die meisten meiner Decks leben ein Jahr lang, bis mir auffällt, dass ich sie nicht mehr spiele und dann auseinander baue. Ich habe auch viele Decks, die es nicht so lange schaffen oder Builds, die nie über eine Deckliste auf archidekt.com hinausgekommen sind. Denn entweder ist mir schon beim Testen aufgefallen, dass mir das Konzept doch nicht zugesagt hat. Oder ich habe ein Konzept im Kopf gehabt, das ich als Übung ausprobieren wollte. Da ich nicht unendlich viel Geld zur Verfügung habe, bin ich oft gezwungen, meine Staples zu recyclen. Und wenn ich dabei bin eine Karte aus einem Deck zu entfernen ist der Schritt oft nicht sehr weit, dass ganze Deck abzusägen.

Genau so ist es auch beim Gärtnern. Man pflanzt seine Blumen, damit sie für den Sommer schön sind und schneidet sie dann bis auf die Wurzeln zurück. So kann man ihnen im nächsten Jahr wieder beim Wachsen zuschauen. Außerdem funktionieren nicht alle Pflanzen auf allen Böden, man muss seine Auswahl bewusst und mit einiger Erfahrung treffen. Einige Pflanzen sind auch nicht dafür gedacht, dass sie mehr als ein paar Wochen im Garten blühen. Danach werden sie ohne viel federlesen wieder entfernt und durch neue Gewächse ersetzt.

In beiden Fällen sind die Möglichkeiten der Gestaltung unendlich, auch wenn man immer die selben Komponenten benutzt. Der Garten ist eine natürliche Leinwand, die mit viel Hingabe und Pflege wunderschön aussehen kann. Die Zeit, die man mit einer Liege in ihm verbringt und sich an den Früchten seiner Mühen erfreut ist die Arbeit schon fast wert, die man investiert hat. Genau wie die Spiele, die man mit seinem Deck bestreitet.

Wenn du willst, dass… dann musst du…

Auch haben Deckbau und Gärtnern noch eine weitere Gemeinsamkeit: Jede*r ist Expert*in. Vor allem in Commander haben sich viele Leute dazu auserkoren gefühlt, ihre Expertise in Form von Content zu veröffentlichen. Die meisten haben dafür nichts weiter vorweisen müssen als die Fähigkeit, ihr jeweiliges Medium zu bedienen. Ich bilde hier keine Ausnahme. Auch ich teile mich der Welt mit und Menschen lesen meine Texte, ohne das sie einen Beweis dafür haben, dass ich weiß wovon ich rede.

Das ist beim Gärtnern aber genau das gleiche. Da es auch hier viel zu viele Variablen gibt, die das Wachstum einer Pflanze beeinträchtigen, verlässt man sich auf Weisheiten aus dem Mittelalter. Oder aus Tipps aus der Hörzu. Oder von der Nachbarin Erika, die mit den schönen Narzissen. Wo die Tipps am Ende hergekommen sind ist meist nicht mehr nachzuvollziehen, aber es gibt sie und sie funktionieren meist. Oder auch nicht, aber das liegt das schon an den jeweiligen Nutzer*innen.

So oder so ähnlich ist es auch bei Commander Decks. Es gibt sehr viele Rezepte, was man in sein Deck packen muss damit es gewinnt. Aber um die vernünftig umsetzen zu können braucht man ebenfalls ein wenig Erfahrung. Ich habe sehr viele Decks gebaut, und trotzdem kann ich vor dem ersten Spiel nicht sagen, ob das Deck funktioniert. Ich habe ne gute Idee, wie es funktionieren kann, aber mein Spiel ist ja nicht nur von meinem Deck abhängig. Es sitzen ja noch 3 Spieler*innen mit am Tisch, die ebenfalls wollen, dass ihr Deck funktioniert.

Sie sind das Commander Äquivalent zum Wetter beim Gärtnern. Manchmal kann man alles richtig gemacht haben und dann kommt trotzdem ein Hagelsturm im Juli, der alle Mühen des Frühjahrs zunichte macht. Oder man sitzt mit einem Deck am Tisch, das das eigene Deck komplett negiert. Beides ist ärgerlich, bedeutet aber nicht, dass man einen schlechten Garten hatte, oder ein schlechtes Deck. Man kann im Leben nicht alles beeinflussen.

Gut Ding braucht Weile

Ich glaube, was man beim Deckbau und beim Gärtnern vor allem lernt ist, dass man Geduld braucht. Geduld mit sich und Geduld mit seiner Arbeit. Es braucht Zeit, bis man am Ziel angekommen ist, auch, wenn es manchmal erst nicht den Anschein macht. Ich habe noch kein Deck gebaut, dass ich danach als fertig angesehen habe. Durch all die neuen Karten, die ständig gedruckt werden, werde ich immer weiter motiviert, meine Decks anzupassen. Oder zu zerstören, um neues Material für einen neuen Commander zu haben. Und dieses neue Deck braucht dann auch wieder Zeit und Geduld, bis es an einem Punkt ist, wo ich damit spielen mag.

Ich habe als Kind nie verstanden, warum meine Mutter sich jedes Wochenende den Stress antut. Bei jedem Wind und Wetter ist sie in ihrem Garten, rupft die Pflanzen wieder raus, die sie vor nicht all zu langer Zeit gepflanzt hat. Nur um dann neue Blumen an die Stellen zu setzten, wo die alten gewesen sind. All das schien mir sehr viel Mühe dafür, dass sich am Ende kaum etwas verändert hat. Doch das ist auch nicht der Punkt gewesen und das verstehe ich nun wesentlich besser.

Meine Dame schaut mir auch ungläubig zu, wenn ich zwischen meinen Kartenbergen sitze und diese nach der einen Common aus Odyssee durchsuche, von der ich weiß, dass sie irgendwo sein muss. Aber auch sie macht sich nicht mehr (all zu oft) über mich lustig, weil sie verstanden hat, wie gut mir das ganze tut und wie viel Freude ich daran habe. Ich bin in meinem Magic Garten und auch dieses Projekt wird wahrscheinlich nie vollendet sein. Doch das stört mich nicht, ganz im Gegenteil. Wo bliebe denn da der Spaß?

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