Nicht alle meine Texte, die ich so schreibe, schaffen es auch auf meinen Blog. Mitunter habe ich einfach kein gutes Gefühl, sie zu veröffentlichen. Manchmal komme ich auch einfach nicht weiter, weil ich mich in eine Ecke geschrieben habe. Aber manchmal kommt es auch vor, dass ich beim schreiben merke, dass der Text eigentlich um was ganz anderes geht. Und so wurde aus meinem Text über Stax und Hatebears dieser Text über Handlungsspielraum. Ich habe nämlich gemerkt, dass mir die Unterscheidung der beiden eigentlich egal ist, weil es um etwas anderes geht. Nämlich den Handlungsspielraum, den man seinen Gegner*innen gewährt oder eben auch nicht. Und darum soll es heute gehen.
Wer darf was
Um es gleich vorweg zu schicken: ich habe weder ein Problem mit Stax, noch eins mit Hatebears. Allerdings weiß ich gerne vorher, worauf ich mich einstellen muss. Es kann unglaublich befriedigend sein, wenn man alle Hindernisse, die einem die Gegner*innen in den Weg stellen, überwindet und trotzdem den Sieg erringt. Doch sind diese Spiele mental sehr anstrengend und meist deutlich langsamer als die Spiele, in denen es darum geht, wer am schnellsten seinen Sieg erringt. Manche Menschen haben auch einfach keine Lust, sich mit Stax und Hatebears auseinanderzusetzen und das kann ich auch nachvollziehen.
Denn Stax und auch Hatebears schränken den Handlungsspielraum der Menschen am Tisch ziemlich stark ein. Nehmen wir einen klassischen Hatebear wie Thalia, Guardian of Thraben. Sie sorgt zwar “nur” dafür, dass Nicht-Kreaturen-Zaubersprüche ein generisches Mana mehr kosten, doch sollte man diesen Effekt nicht unterschätzen. Thalia kostet nur zwei Mana und liegt damit, je nach Sitzreihenfolge, auf dem Tisch, bevor man seinen Ramp spielen kann. Sie macht alle Mana Rocks und auch fast alle Ramp Spells teurer und kann damit meist ganze Züge verzögern. Hat zum Beispiel jemand eine Hand mit zwei Ländern, einem Nature’s Lore und einem Cultivate behalten, sieht das ganze Spiel für sie auf einmal sehr viel schlechter aus als ohne Thalia. Die Person verliert ihren gesamten Handlungsspielraum, bis sie ein drittes Land zieht.
Stax Pieces wie Winter Orb und Stasis sind für die meisten Spieler*innen noch frustrierender. Denn hier werden die Ressourcen noch stärker beschnitten. In der Regel hat die Person, die einen Winter Orb spielt, auch einen Plan, wie sie die Symmetri des Effekts bricht. Doch das macht es für die Spieler*innen, bei denen pro Zug nur zwei Länder enttappen, nicht weniger frustrierend. Noch schlimmer ist es natürlich, wenn die Winter Orb Spieler*in keinen Plan hat und genau wie alle anderen ohne Länder am Tisch sitzt. Dann dauert das Spiel ewig und niemand hat irgendeinen Handlungsspielraum.
Stax für eine Person
Es gibt allerdings auch Karten, die besonders eine Strategie treffen. Dictate of Erebos oder Grave Pact sind ziemlich effektiv gegen Kreaturen, vor allem in einem Deck, dass darauf aus ist, seine eigenen Kreaturen zu opfern. Das ist für die meisten Decks ein Problem, allerdings ist das Problem um so größer, wenn man selbst ein Voltron Deck wie mein Ayesha Deck spielt. Das Deck hat insgesamt 15 Kreaturen und ist um den Commander gebaut. Wenn ich absehen kann, dass ich sie jede Runde wieder opfern muss, dann lohnt es sich für mich nicht, sie zu spielen. Ich muss also hoffen, dass ich eine Antwort auf den Pact finde, oder mein Spiel ist vorbei.
Auf der anderen Seite ist ein Rest in Peace das Antidot für alle Graveyard Decks. So lange es im Spiel ist, kann man seine Strategie nicht verfolgen, da man seine Hauptressource, in diesem Fall der Friedhof, nicht nutzen kann. Man kann natürlich trotzdem seine Kreaturen ausspielen, doch sind viele Aristocrats Decks in ihrem Kern Combo Decks. Man versucht eine Loop aufzubauen, die einen das Spiel gewinnen lässt. Doch Rest in Peace macht einem da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung.
Es gibt noch unzählige weitere, sehr spezielle Antworten auf Strategien. Eine Karte, die ein ganzes Deck aushebelt, solange sie auf dem Feld liegt. Meist sind davon nicht alle Spieler*innen gleichermaßen betroffen und es trifft eine*n härter als der Rest. Doch für diese*n eine*n Spieler*in macht das meist keinen Unterschied, weil sie effektiv nicht am Spiel teilnimmt. Und an dieser Stelle zu sitzen kann sich ziemlich übel anfühlen.
Antworten sind die Antwort
Jetzt gibt es einen gewissen Teil vor allem der Online Community, der jetzt sagt: Dann muss man einfach mehr Removal spielen. Das ist ein Ratschlag, der sehr gut gemeint ist, aber nicht hilft, wenn man sich in einer Situation befindet, in der man nicht am Spiel teilnimmt. Denn Removal ist nicht der Grund, warum Leute sich freuen, ein Deck zu bauen. Man baut ein Deck um eine Strategie zu verfolgen und am Ende die Chance zu haben zu gewinnen. Außerdem kann es passieren, dass man selbst mit 10 Removal Spells im Deck keinen einzigen davon zu sehen bekommt.
Meine Antwort ist eher, dass man vorher klären sollte, ob die Gegner*innen das eigene Deck negieren. Sehe ich zum Beispiel die neue Nemata, Primeval Warden in der Command Zone meiner Gegner*in, dann spiele ich nicht mein Colfenor Deck. Denn der Nemata alleine kann meine ganze Strategie kaputt machen, weil ich keine Kreaturen vom Spielfeld in den Friedhof bekomme. Das ist natürlich auch leichter gesagt als getan und erfordert auch einiges an Erfahrung. Aber Übung macht bekanntlich den Meister und nichts ist ein besser Lehrer als das Gefühl, keinen Handlungsspielraum gehabt zu haben.
Außerdem bin ich in meinen eigenen Decks dazu übergegangen, statische Effekte gegen Effekte zu tauschen, die nur einmal auftauchen. Das bedeutet, dass ich statt eines Rest in Peace eine Soul-Guide Lantern in mein Deck packe. Dann hab ich noch immer den Graveyard Hate, der gegen sehr viele Decks sehr nützlich ist, aber ich nehme nicht den gesamten Handlungsspielraum einer Spieler*in.
Denn wenn ich die Lantern spiele startet zwischen mit und der Spieler*in mit dem Graveyard Deck ein Mini-Spiel. Sie kann weiterhin ihren Friedhof füllen und ihr Spiel spielen, aber sie muss auch aufpassen, dass sie nicht zu gierig wird. Oder sie muss um meine Antwort herumspielen. Ich hingegen muss entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, meine Antwort einzusetzen. Diese Entscheidung ist auch nicht immer leicht zu fällen, denn es gibt einige Spells, die mit Instant Speed mit dem Friedhof interagieren. Außerdem besteht auch immer die Gefahr, dass meine Gegner*in einen Krosan Grip auf der Hand hat und ich am Ende ohne Antwort da stehe. Und diese Fülle an Möglichkeiten macht das Ganze für uns beide spannend.
Denkt an eure Feinde
Niemand ist für den Spaß seiner Mitspieler*innen verantwortlich, das sei hier auch nochmal ganz klar gesagt. Wenn ich mit bestimmten Erwartungen in ein Spiel gehe, dann ist es an mir, diese Erwartungen vorher zu besprechen. Ich erwarte auf jedem Powerlevel Removal, Board Wipes und dass die Leute mich stoppen, wenn ich gerade der Archenemy bin. Denn das ist am Ende das Spiel, das wir Commander nennen. Jede*r versucht zu gewinnen und jede*r hat sich vorher einen Weg überlegt, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Im Spiel ist jede*r sich selbst die Nächste.
Doch wo ich an meine Gegner*innen denke ist beim Deckbau. Wenn ich ein Deck baue, was für ein niedriges Power Level bestimmt ist, dann sieht man das auch in der Form des Removals. Mein Kwain Deck ist auf jeden Fall kein schwaches Deck und gewinnt ziemlich häufig. Aber es ist auch bei weitem nicht so optimal gebaut, wie man es hätte bauen können. Ich spiele da viel Removal, aber die Spells sind nicht die besten Removal Spells, die es so gibt. Ich spiele da Counterspells wie Memory Laps oder Remand, die die Spells nur verzögern und nicht in den Friedhof schicken. Und das mache ich bewusst, weil ich zwar Control spielen, aber meine Gegner*innen so wenig wie möglich nerven möchte.
Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum ich das Demolition Field so feier und all meine Strip Mines damit ersetze. Erstens verliere ich kein Land dadurch, aber die Gegner*in bekommt auch Ersatz. Zwar ist es ein Basic und keine Gaea’s Cradle, aber es ist besser als nichts.
Und ich achte in all meinen Decks darauf, dass meine Antworten keine Strategien permanent stoppen. Ich mache mir Gedanken um den Handlungsspielraum meiner Gegner*innen, so wie ich hoffe, dass sie es bei mir tun. Ich erwarte es natürlich nicht, denn jede Person darf selbst entscheiden, wie sie ihre Decks bauen will. Doch ich bin der festen Überzeugung, dass diese Gedanken und Grundsätze beim Deckbau dazu führen, dass man insgesamt bessere Spiele hat. Und darauf kommt es am Ende des Tages für mich an. Das alles gilt natürlich nicht für cEDH, denn da gilt “Gewinnen um jeden Preis”. Und wenn alle darauf eingestellt sind, kann man auch so fantastische Spiele haben.
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