Die Stimmung in der Magic Community ist schlecht. Zu viele Produkte, zu viel Commander, zu viele Universes Beyond. Wie soll man da als erwachsene Person hinterher kommen? WotC verspricht Dinge, die sie nicht halten und es gibt im nächsten Jahr sieben neue, Standard-legale Sets. Vier davon sind Universes Beyond und nur drei davon “echtes” Magic. Wie soll es weitergehen mit dem Spiel, das mich seit vielen Jahren so begeistert und das in meinem Leben eine so große Rolle gespielt hat? Und wann kommt der Punkt, an dem es zu viel wird mit allem? Vielleicht ist es Zeit für eine kleine Pause…

Die letzte Zeit

Die Einleitung ist natürlich sehr überspitzt formuliert. Magic ist so erfolgreich wie nie und die Stimmung ist lange nicht bei allen Menschen so schlecht, wie ich es dargestellt habe. Die Stimmen, dass wir zu viele Produkte, neue Karten und Commander bekommen, werden aber in jedem Jahr lauter. Universes Beyond hat zusätzliches Öl ins Feuer gegossen und die Online-Stimmen zu einem Chor der Verdammten anschwellen lassen. Und ich merke, dass das auch an mir nicht spurlos vorbei gegangen ist. Die letzte Zeit war es online schwer auszuhalten und ich hab mir häufiger eine Pause von Social Media gegönnt.

Denn mir geht es wie vielen anderen auch. Es gab mal eine Zeit, in der ich die meisten Karten kannte. Der Pool an Commandern war wesentlich übersichtlicher und viele Menschen haben einfach “Staple.Deck” gespielt. Wenn ich nachfragen musste, was eine bestimmte Karte war, dann lag das häufiger daran, dass Spelltable die Karte nicht scannen konnte oder ich den Namen nicht richtig verstanden habe. Das ist mittlerweile anders. Gerade bei neuen Karten ist die Chance sehr groß, dass ich keine Ahnung habe, was hier gespielt wird. Es gibt einfach zu viel Neues und meine Zeit am Tag für Magic ist auch nicht unbegrenzt. Damit habe ich mich mittlerweile abgefunden.

Auch habe ich eigentlich keinen Stress mit Universes Beyond. Mir sagen die meisten IPs nicht zu, aber die meisten Magic Planes finde ich auch nicht unbedingt interessant. Bei den meisten Karten geht es mir vor allem um die Funktionalität und weniger darum, ob die Lore gut umgesetzt wurde. Ich habe auch Universes Beyond Commander, aktuell sind es vier Decks. Mein Sergeant John Benton Deck gehört hierbei zu meinen stärksten und auch zu meinen Signatur Decks. Allerdings ist der Sergeant auch ein gutes Beispiel für mein Problem mit UB

Denn das Artwork zeigt einen britischen Offizier, der in ein Walkie-Talkie spricht. Im Hintergrund ist ein Hubschrauber zu sehen. Alles in mir sträubt sich dagegen, dieses Bild mit Magic in Verbindung zu bringen. Ich habe keinen Problem mit einer Interpretation von realen Vorbildern, die sich trotzdem in die Fantasy-Welt von Magic einfügen. Edge of Eternities ist hierfür ein gutes Beispiel. Es ist noch Magic, obwohl es im Weltraum spielt. Aber ein Hubschrauber und ein Walkie-Talkie sind mir dann doch zu viel. Das ist auch der Grund, warum ich mir ein Alt-Art von John Benton hab machen lassen.

Doch die Grenze zwischen der “realen” Welt und den Magic Welten wird immer dünner. Das aktuelle Spider Man Set spielt in New York. Das ist ja auch vollkommen ok, weil die Comics eben auch in New York spielen. Doch dadurch kommen Karten in ein Fantasy Spiel, die sich für mich mehr als unpassend anfühlen. Und damit meine ich nicht die 15 Variationen von Spider-Man, die man jetzt auch als Commander spielen kann. Mir geht es mehr um Karten wie Guy in the Chair, Bagel and Schmear und Taxi Driver. Es gibt noch mehr Beispiele, aber die sollen erstmal genügen. 

Und WotC gönnt uns auch keine Pause. Denn für das nächste Frühjahr sind die Teenage Mutant Ninja Turtles angekündigt. Ein Cartoon, der ebenfalls im New York der Moderne spielt.  Es gab schon ein paar Previews und vor allem die Basics aus dem Set machen mich gar nicht glücklich. Doch damit nicht genug, kommt im nächsten Jahr auch das nächste Marvel Set raus. Und damit noch mehr Karten, die potentiell in einer “realen” Metropole spielen. Wie bereits gesagt, ich hab kein Problem mit den Commandern aus den UB Sets. Aber die “Füllerkarten” machen mir jetzt schon ein wenig Sorgen. Wahrscheinlich werden diese Sets meine MtG Pause für nächstes Jahr.

Pause gönnen

Denn Pausen sind wichtig. Man kann nicht das gesamte Jahr gehypt sein und sich auf alles freuen, was WotC so produziert. Auch in den Jahren vor UB gab es immer wieder Sets, die  viele Menschen weniger interessiert haben als andere. In der ganz alten Block-Struktur, in der wir im Prinzip jedes Jahr komplett auf einer Plane verbracht haben, war es am deutlichsten zu merken. Das letzte Set war meist das unbeliebteste, weil viele Spieler*innen einfach satt waren, sich auf derselben Plane zu befinden. Und das letzte Set war auch immer ein kleines Set, was sein Übriges dazu beigetragen hat.

Doch es macht einen sehr großen Unterschied, ob man sich im Jahr mit drei oder mit sieben Sets beschäftigen muss. Ich möchte dieser Tage wirklich keine Standard Spieler*in sein. Die müssen sich alle Sets anschauen und gucken, welche neuen Karten in ihr Format kommen. Ob es neue Staples gibt, die sie nicht auslassen “können”, weil sie damit einen Wettbewerbsvorteil aus der Hand geben würden. Diesen Druck verspüren Commander Spieler*innen auch, aber ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, warum. WotC versucht natürlich ihr Bestes, die Hype Maschine am Laufen zu halten. Nur wenn wir gehypt sind und wenn starke, neue Karten gedruckt werden, kaufen Leute ein Set. Und auch Content Creator geben sich alle Mühe, die Decks interessant zu präsentieren, damit sie die Leute dazu bringen, auf ihre Videos zu klicken. Doch eigentlich gibt es diesen Druck nur in unseren Köpfen.

Die Command Zone hat eine Videoreihe gemacht, in der die Haupt-Hosts all ihre Decks vorstellen. Was mich dabei besonders überrascht hat war der Fakt, dass Josh sehr viele Decks hat, die er kaum oder gar nicht geupdatet hat. Er hat die Decks gebaut und seitdem spielt er sie, wie sie sind. Und das hat mich doch sehr gewundert, weil es kaum eine Person gibt, die sich so viel mit Commander auseinandersetzt wie Josh Lee Kwai. Das ist natürlich nur ein Beispiel, aber es zeigt, dass man seine Decks nicht jedes Set updaten muss, um Commander zu spielen. Und dieselbe Erfahrung habe ich auch mit meinen Decks gemacht.

Einige meiner ersten Decks habe ich noch immer zusammengebaut. Ich hab sie irgendwann einfach nicht mehr gespielt, aber auch die Karten nicht gebraucht, die ich darin verbaut habe. Namentlich sind es Marwyn, Ardenn/ Toggo und Orvar. Alles Decks sind sehr nieschieg und haben seit drei Jahren keine neuen Karten bekommen. Doch ich habe sie letzt mal wieder rausgeholt und was soll ich sagen: Sie funktionieren noch immer. 

Besonders Ardenn/ Toggo ist auch weiterhin ein cooles Bracket 2 Deck, dass sich an den meisten Tischen nicht verstecken muss. Marwyn und Orvar haben ein bisschen das Problem, dass die zwischen den Stühlen sitzen. Sie sind Storm Decks, die wenig Interaktion haben. Der ganze Gameplan ist darauf ausgelegt, dass sie so schnell wie es geht gewinnen Sie sind vom Spirit Bracket 4 Decks, aber von der Kartenqualität Bracket 2 Deck. Daher werden sie wahrscheinlich immer in ihrer Box bleiben. Aber Ardenn/ Toggo hat die Pause nicht geschadet. Vielleicht bringe ich das Deck demnächst mal in einem unserer Streams auf Twitch

Aber zurück zum Release-Plan von WotC. Ich habe mit einigen Menschen geschrieben, die ein sehr großes Problem mit Universes Beyond haben. Vor allem mit den IPs, die zu dicht an der realen Welt sind. Und für diese Menschen ist der neue Plan fast wie ein Erholungsurlaub. Denn statt der üblichen fünf bis sechs Sets muss man jetzt nur noch durch drei Sets arbeiten. Die Anzahl der neuen Commander geht zurück und zwischen den Sets ist genug Pause, um jedes Sets wirklich auf sich wirken zu lassen. Das ist eine Sache, die in den letzten Jahren deutlich zu kurz gekommen ist. Jedes Set wurde vom nächsten gejagt und hatte 30-40 neue Legenden. So viele coole Commander sind einfach durchs Raster gefallen, weil WotC uns keine Pausen gelassen hat. Diese Zeit erkauft uns nun Universes Beyond.

Pause = Erholung

Wir können nicht beeinflussen, was WotC und Hasbro tun werden. Der Weg, den Magic als Spiel geht, liegt außerhalb unseres Einflusses. Doch wir können entscheiden, was wir mitmachen wollen und was nicht. Ich für meinen Teil bin sehr viel entspannter geworden, was neue Sets angeht. Ein paar Einzelkarten hier, ein paar Booster da und das war es dann in der Regel auch schon. Ich bin einfach dazu übergegangen, aus meinem aktuellen Kartenpool Decks zu bauen und was soll ich sagen? Es funktioniert für mich.

Seit Jahren wünschen wir uns, dass die Welt sich ein bisschen langsamer dreht. Viele Menschen, mich eingeschlossen, haben in der Pandemie zurück zu Magic gefunden. In  einer Zeit, in der wir alle zwangsläufig Pause gemacht haben  und unsere Zeit irgendwie füllen mussten. Diese Zeit ist lang vorbei, ich bin seit dem Vater und meine Zeit für Magic und Content ist dadurch drastisch weniger geworden. Sich nicht mehr um jedes Set scheren zu können ist keine Strafe mehr für mich, es ist Erholung. Und ich hoffe sehr, dass die Menschen, die sich jetzt über UB beschweren, das bald auch so sehen können. 

Denn was WotC macht, ist ein Angebot. Niemand, der nicht kompetitiv Magic spielt, ist gezwungen alles zu kaufen oder alles zu wissen. Wie haben den Luxus zu entscheiden, was wir mögen und was nicht. Ich war kein Fan von Spider Man, aber ich habe ein paar coole Karten aus dem Set gekauft. Auch mit Dr. Who oder Fall Out habe ich gar nichts am Hut, aber zwei meiner liebsten Decks würde es nicht geben, wenn es diese beiden IPs in Magic nicht geben würde.

Ich wünsche mir, dass wir alle ein wenig mehr Frieden mit WotC und Hasbro finden. Denn Commander ist für mich noch immer die beste Art, Zeit mit lieben Menschen zu verbringen. Der Kartenpool gleicht mittlerweile einem Meer, bei dem man die Ufer nicht sehen kann. Doch in diesem Meer verschwinden auch Karten, die uns nicht glücklich machen. Und die Möglichkeiten bleiben nahezu unendlich, gerade weil wir jetzt etwas Pause und Zeit bekommen, nach verborgenen Schätzen zu suchen.

Kommentare

  • Jonny.Jumpstart
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    Ich bin voll bei dir, schon länger skipp ich einzelne Sets die mich nicht überzeugen gerade im Commander kein Problem. Dadurch habe ich viel mehr von den Sers die mich wirklich begeistern, meine Frau und ich spielen immernoch Kamigawa Neon Dynastie, Jumpstart, Ixalan etc.. Wenn zwischen den ganzen Secret Lairs oder UB ips dann eins dabei ist, das mich begeistert schlag ich trotzdem zu wie bei Final Fantasy oder Monty Phython. Die andauernde Fomotrain muss keiner mitmachen, du brauchst nur die Karten die du spielst und die die du Sammeln willst. Deshalb spüre ich überhaupt keine schlechte Laune, eher Erleichterung, denn wären nächstes Jahr 7 geilo Sets meiner Träume angekündigt (return to Amonkhet, on the Moons of Mirrodin etc.) hätte mein Geldbeutel und vor allem mein Zeitmanagement eher Stress. 2-4Sets sind für mich genau richtig der rest darf Hello Kitty und Nightrider sein … (ok Hello Kitty würd ich kaufen und ich wette das kommt noch als SL)

    • OveBoyer
      Antworten

      Das ist glaube ich die absolut richtige Einstellung. Ich habe in letzter Zeit das Gefühl, dass viele den Spaß an ihrem Hobby verlieren, weil sie sich selbst sehr viel Stress machen. Aber dieser selektive Ansatz macht auf Dauer denke ich wesentlich glücklicher 😊

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