Hallo zusammen und willkommen zu einer neuen Ausgabe von “Volrath oder Gerrard”, in der ich mir Erlebnisse der Community anschaue, bei denen nicht ganz klar ist, wer der Volrath und wer der Gerrard ist. Falls ihr auch eine Geschichte habt, die ihr hier besprechen sehen wollt, dann schreibt mir einfach eine Nachricht auf den Kanälen, die ich unten noch einmal aufgelistet habe. Doch genug des Housekeepings, tauchen wir gleich in unsere Geschichte ein. Und in der geht es um Ratschläge während eines Commander Spiels.

Die Geschichte

Hallo Ove

mir gefällt die neue Serie und darum dachte ich, ich trage auch etwas dazu bei. Und würde ich sehr gerne deine Meinung dazu hören. Erst einmal zu mir: Ich bin 34 Jahre alt und spiele schon seit einigen Jahren Magic. Mit Commander habe ich allerdings erst in den letzten Jahren richtig angefangen, weil in meinem LGS kaum noch was anderes gespielt wurde. Ich habe lange Jahre Modern gespielt, auch mal in Legacy reingeschnuppert. Dementsprechend habe ich einen ziemlich großen Karten Pool mit starken Karten. Meine Decks sind also weniger das typische “Ich spiel eine 7”, sondern schon eher etwas stärker.

Die Geschichte von heute spielt allerdings nicht in meinem LGS. Die Eltern meiner Frau wohnen in NRW und immer wenn wir sie dort besuchen, gehe ich in einen anderen Store zum FNM. Der Store, für den ich mich dieses Mal entschieden habe, war in Dortmund. In der Regel packe ich für einen Besuch im LGS vier bis fünf Decks ein, von denen allerdings auch eins immer ein Precon ist. Wie bereits gesagt, mir ist bewusst, dass nicht alle auf meinem Level spielen und ich will niemanden Pub-stompen.

Im LGS habe ich relativ schnell einen Pod gefunden und einmal locker abgefragt, wo die Leute sich auf einer Power-Level-Skala einsortieren würden. Ich benutze die 1-10 Skala, auch wenn ich weiß, dass sie ihre Fehler hat. Aber irgendwo muss man ja anfangen. Einer der Typen an dem Tisch schaut mich recht verdutzt an und fragte mich, wie lange ich schon Commander spielte. Denn in diesem Store wird in der Regel nicht nach Power Level gefragt, weil das Zitat “Schwachsinn” sei. Gerade die 10er Skala hat überhaupt keine Aussagekraft und danach spielen eh alle immer nur eine sieben.

Ich muss gestehen, dass mir die Art und Weise, wie dieser mir fremde Typ mit mir gesprochen hat, überhaupt nicht gefiel. Da ich aber von Natur aus kein besonders konfrontativer Mensch bin, habe ich ihn im Gegenzug gefragt, wie denn hier im Laden das Power Level besprochen wird. Daraufhin bekam ich eine ganze Reihe von Kriterien um die Ohren gehauen, die man in Mid Power auf keinen Fall spielen darf. Tutoren, Fast Mana, Mass Land Destruction, Cyclonic Rift etc. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber die Liste war so lang, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass eins meiner Decks alle Kriterien erfüllt . Darum habe ich mein Precon gespielt.

Das Precon, das ich für solche Fälle immer dabei habe, ist das Exit from Exile mit Faldorn, Dread Wolf Herald als Commander. Es ist schon eines der stärkeren Precons, aber es macht mir auch am meisten Spaß. In der Regel spiele ich vor allem Blau und Schwarz, aber dieses Deck bietet so viele Möglichkeiten und Entscheidungswege. Es fühlt sich nicht wie ein Gruul Deck an, bis man die Gegner mit seinen Wölfen und den End-Raze Forerunners überrennt. 

Doch es stellte sich heraus, dass dieses Deck falsch gewählt war. Denn die Karten im Exil sind natürlich für alle offen und derselbe Typ, der mich schon wegen des Power Levels angemault hat, hat versucht, mein Deck für mich zu spielen. Doch das hat er nicht nur bei mir gemacht, sondern auch den anderen beiden Jungs am Tisch ungefragt Ratschläge erteilt. “Warum spielst du nicht das?… Du kannst da drüben noch was kaputt machen mit deinem Removal Spell… Wenn du dein Mana richtig tappst, bekommst du noch einen Wolf..” So ging es eine ganze Weile. Bis ich ihm gesagt hab, dass ich schon weiß, was ich tue und dass er sich lieber um sein Board kümmern soll. 

Vielleicht war mein Ton bestimmt genug, aber es hat fast einen ganzen Zug lang gehalten, bis er wieder angefangen hat, gute Ratschläge zu geben. Ich bin ein ziemlich geduldiger Mensch, aber dieser Vogel hat es fast geschafft, mich aus der Reserve zu locken. Doch am Ende habe ich mich zusammengerissen, ihn ignoriert und mit einer Armee aus Wölfen aus dem Spiel geworfen. Um das machen zu können, habe ich allerdings meine Flanke geöffnet und war dann ebenfalls raus.

 Vom Ratgeber kam da nur Gemecker: “Warum hast du mich rausgenommen, wenn du dann gleich selbst raus fliegst? Weißt du nicht, wie man Commander spielt? War das gerade dein erstes Spiel oder was? Vielleicht hättest du meine Ratschläge doch annehmen sollen, dann wärst du jetzt nicht raus…” 

Ich hab ihm erklärt, dass es mir nichts ausmacht, dass ich nun nicht mehr mitspiele, weil ich mein Ziel erreicht habe. Er war auch nicht mehr dabei und der Rest war mir egal. Da wollte der Typ richtig zu streiten anfangen, wie undankbar ich sei, er würde nie wieder einem Anfänger helfen, ich wüsste seine guten Ratschläge nicht zu schätzen. Ich hab nichts weiter gesagt, mich bei den anderen beiden für das Spiel bedankt und bin wieder zu meinen Schwiegereltern gefahren. 

Und auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, wie die Antwort ausfällt: War ich der Volrath in der Situation? Hätte ich vorher klarer machen müssen, dass ich kein Anfänger bin und keinen Rat von einem random Typen brauche? Oder war ich noch zu entspannt in meiner Reaktion?

Ich freue mich sehr von dir zu lesen, hau rein,

XXX

Erste Einschätzung

Vielen Dank an dieser Stelle für die Geschichte. Auch wenn sie ein nicht so schönes Erlebnis erzählt. Wo es in den anderen Geschichten meist an Kommunikation gefehlt hat, war hier anscheinend etwas zu viel davon im Spiel. Mal so ganz grundsätzlich und das gilt auch für alle Situationen, die nichts mit Commander zu tun haben: Ratschläge nerven, es sei denn, man wird aktiv danach gefragt. Denn wie heißt es so schön: Das Gegenteil von “gut” ist “gut gemeint”.

Doch das ist ja nur die eine, wenngleich sehr offensichtliche Seite der Geschichte. Ich möchte noch einmal zum Anfang zurückgehen, wo eine unbekannte Person angegangen wird, weil sie eine Pre-Game-Diskussion führen will. Das ist so ziemlich die schlimmste Reaktion, die man auf sowas haben kann. Als Community haben wir in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, was die Kommunikation vor dem Spiel angeht. Einer unbekannten Person zu sagen, dass ihre Art zu kommunizieren “Schwachsinn” sei, ist dabei absolut der Schritt in die falsche Richtung.

Ja, die 1-10 Skala hat ihre Fehler. Die Kritik daran ist hinlänglich bekannt und wer das noch einmal genau aufgedröselt haben möchte, kann sich gerne die Shiny’s Command Folge zu diesem Thema anhören. Doch es geht nicht darum, wie gut oder schlecht die Skala ist. Es geht darum, dass sich hier eine Person Mühe gegeben hat. In einer fremden Umgebung ist es essentiell, vorher zu klären, wie die Erwartungen aller Personen am Tisch aussehen. Das so grob abzutun und eine Liste mit Karten runter zu rasseln, die man nicht spielen darf, macht mich betroffen. Dieselbe Message hätte man auch deutlich freundlicher rüberbringen können.

Wissen kann auf zwei Arten kommuniziert werden. Man kann es nutzen, um sich selbst zu erhöhen, indem man zeigt, was man selbst weiß und was andere nicht wissen. Das sorgt in der Regel nicht dafür, dass sich Menschen wertgeschätzt oder abgeholt fühlen. Dieser kurze Ego Boost kann zur Folge haben, dass man die Person, die auf diese Weise “belehrt” wurde, nie wieder im LGS sieht. Man kann Wissen aber auch nutzen, um eine Tür aufzumachen. Die Leute an dem Punkt abholen, an dem sie stehen und ihnen zeigen, was es sonst noch alles gibt. Man lädt die Person ein und bietet sich als Vertrauensperson in einem neuen Raum an. Die zweite Methode kann auch aus “nur” Neugierigen feste Magic Spieler*innen machen. Und das sollte unser aller Ziel sein.

Ich schreibe bewusst “sollte”, denn mir ist klar, dass das nicht das Ziel von allen ist. So wie sich deine Geschichte liest, ist es das Ziel der Person, die die Ratschläge verteilt hat. Ich will mich hier nicht absolut festlegen, denn ich war wie immer nicht dabei. Deshalb versuche ich immer im Zweifel für alle beteiligten Personen zu argumentieren. Doch das wird spätestens an der Stelle schwierig, wo du gebeten hast, keine Ratschläge mehr zu bekommen. Denn auch wenn es hier darum ging zu helfen, sollte hier spätestens Schluss sein. Doch das war es ja anscheinend nicht. 

Fazit

Einmal vorne weg, ich glaube auf keinen Fall, dass du der Volrath in dieser Geschichte bist. Du hast ein Gesprächsangebot gemacht, du wolltest über deine Decks sprechen und hast dich dann für dein schwächstes Deck entschieden. Du hast zwar nicht optimal gespielt, als du die Person mit den Ratschlägen rausgeworfen hast, aber es gibt keine Regel, die das verlangt. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich deine Beweggründe sehr gut nachvollziehen. Manchmal braucht man nicht den Sieg, sondern ein wenig persönliche Befriedigung.

Du hast noch gefragt, ob du klarer hättest  machen müssen, dass du kein Anfänger bist. Ich glaube, nach allem, was ich bis jetzt gelesen habe, hätte das wenig Unterschied gemacht. Die Person mit den Ratschlägen hat ja zwischen allen Personen am Tisch keinen Unterschied gemacht. In den Augen mancher Spieler*innen sind alle anderen Personen am Tisch Anfänger*innen, die Hilfe brauchen. Vielleicht traf das ja auch in deiner Geschichte zu. Technisch gesehen, hat der “Ratgeber” ja sogar gefragt, wie lange du schon Magic spielst. Da hättest du natürlich drauf eingehen können. Allerdings kann man im Kontext, in dem die Frage gestellt wurde, vermuten, dass er nicht an einer echten Antwort interessiert war. 

Und du hast dich auf keinen Streit eingelassen, was in so einer Situation auch nicht immer einfach ist. Du hast dich noch bei den anderen bedankt und bist dann einfach nach Hause gefahren. Das war bestimmt kein schöner Abend, aber er hätte auch Potential gehabt, noch deutlich nerviger zu werden. Darum ist es manchmal gut, lieber früher als später die Reißleine zu ziehen. Anders hätte die Sache für mich ausgesehen, wenn es dein regulärer LGS gewesen wäre. Denn dann hättest du ein potentiell klärendes Gespräch nur verschoben. Da du allerdings nur zu Gast warst und wenig Hoffnung besteht, dass die Person durch dich auf einmal aufhört, gut gemeinte Ratschläge zu verteilen, ist absolut alles fein.
Ich tue mich allerdings auch schwer, die Rat gebende Person als Volrath zu bezeichnen. Denn manchmal, gerade in so einem komplexen Konstrukt wie einem Commander Pod, kommt es eben doch auf die Feinheiten an. Wie wurden die Ratschläge verteilt, wie ist der Rest vom Tisch damit umgegangen etc. Vielleicht hat es den anderen Spieler*innen im LGS ja geholfen. Und weil die Person immer allen Ratschläge gibt, kam sie auch hier nur schwer aus ihrer Haut heraus. Durch die Geschichte bekomme ich definitiv Volrath Vibes, aber ich würde mich da ungern festlegen. Doch wie seht ihr das? Bin ich zu gnädig mit dem “Ratgeber”?

Falls ihr mir auch eure Geschichte erzählen möchtet findet ihr mich unter Instagram, Twitter, Discord unter EDHlove oder ihr schreibt mir hier einen Kommentar unter den Artikel. Vielen Dank fürs lesen und bis zum nächsten Mal wenn es wieder heißt: “Volrath oder Gerrard”.

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