Wenn ich Commander spiele, spiele ich anders als im 1vs1. Im 1vs1 spiele ich so, dass ich meine*n Gegner*in so schnell und effizient wie möglich in den Boden stampfe und da ist mir jedes Mittel recht. Stax, Control, Counterspells und alles, was das Magic-Herz begehrt. In Commander mache ich das nicht. Hier schaue ich darauf, dass meine Gegner*innen spielen können und ich einfach ein bisschen besser spiele als der Rest. Das habe ich zwischendurch so weit getrieben, dass ich ein echtes Group Hug Deck gebaut habe. Und darum könnt ihr mir glauben, wenn ich sage: Echtes Group Hug ist die Hölle, vor allem für alle, die es spielen. Darum macht es auch niemand. Und darum geht es heute.

Value ohne Win Con

Das Deck, das ich gebaut habe, war ein Kenrith, the Returned King Deck. Es bestand zu 100 % aus Proxies und ich war noch ziemlich neu in unserem Format unterwegs. Und da ich keine Erfahrung mit irgendwas hatte, hab ich natürlich alle OG Duals und alle Fetchlands und eine Mana Crypt und und und gehabt. Das Budget des Decks war riesig und ich habe penibel darauf geachtet, dass ich keine Win Con in diesem Deck hatte. Doch leider ist das gar nicht so einfach, wenn Kenrith der Commander ist.

Der Gedanke für dieses Deck war, dass ich in jedem Spiel zweiter oder dritter werde. Der Fokus lag auf meinen Gegner*innen und den Spaß, den sie am Spiel haben. Ich habe alle kollektiven Mana-Doubler wie Mana Flare und Dictate of Karametra im Deck gehabt und zu dem alle Howling Mine Effekte, die ich gefunden habe. Und so bewaffnet bin ich zur nächten Game Night meiner Play Group gegangen.

Nitro für ein Bobbycar


Das Ergebnis war erstaunlich, aber auch keine besonders erfreuliche Erfahrung. Man muss dazu sagen, dass keiner von uns zu dieser Zeit Gedanken um Power Level oder Rule 0 gemacht hat. Wir hatten Precons und die ersten, nichts besonders guten, selbstgebauten Decks. Die Spiele waren lang, entspannt und die Win Con war eigentlich immer Combat Damage. Alles in allem kann man sagen, dass wir keine Ahnung hatten, auf was wir uns eingelassen haben.
Man kann sich das Spiel vorstellen, als würden Kinder von ihren Bobbycars in Rallye-Autos gesetzt. Alle hatten auf einmal viel zu viele Karten und viel zu viel Mana. Und weil wir alle gute Spieler sind, haben wir natürlich versucht, das Ganze möglichst effizient einzusetzen. Das Ergebnis war, dass jeder 15 Minuten für eine Züge gebraucht hat und am Ende hat irgendjemand random gewonnen.  Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer der Sieger war, ich kann mich nur erinnern, dass es ein völlig absurdes Spiel gewesen ist.
Ich hab es noch ein paar Mal ausprobiert, aber nach gar nicht langer Zeit haben wir kollektiv beschlossen, dass dieses Deck niemandem Spaß macht. Es war immer Chaos und immer Random und das ganze Spiel fühlte sich nicht nach Strategie-, sondern nach Glücksspiel an. Und vor allem hatte ich die gesamte Zeit, die ich gespielt habe, keinen Plan, was ich eigentlich machen sollte. Alle haben Mana, alle haben Karten. Und nun? Kein Ziel im Spiel zu haben war eine der schlechtesten Erfahrungen, die ich mit Magic je gemacht habe.

Group Hug mit Win Con

Mein zweiter Attempt für ein Group Hug Deck war mein 5-Farben-Nekusar Deck. Ich habe meine Erfahrungen mit Kenrith gesammelt und wieder 5 Farben gebaut, dieses Mal aber mit einem klaren Plan. Es geht darum, dass alle Spieler*innen Karten ziehen, allerdings hat es dieses Mal einen Preis. Der klassische Commander für die Strategie ist Nekusar, the Mindrazer, aber mir waren drei Farben zu wenig. Also habe ich Sisay, Weatherlight Captain an die Spitze gesetzt. So hatte ich Zugang zu allen fünf Farben und ich musste ein wenig Arbeit investieren, bevor ich meine Gegner*innen wirklich für den Zusatz-Card-Draw bestrafen konnte.
Wie genau das Deck funktioniert hat, habe ich schon in meinem Deck Tech dazu zusammengefasst, deshalb werde ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen. Doch irgendwann habe ich gemerkt, dass ich Sisay als Commander nicht besonders spannend fand. Sie ist ein Tutor in der Command Zone und dadurch spielt sich das Deck immer ziemlich ähnlich. Es hatte eine bestimmte Reihenfolge an Legenden, die ich mir raussuchen musste, damit ich Nekusar finden konnte. Das hat das Deck sehr konstan, aber auch sehr langweilig gemacht. Zu dem musste ich ständig das Deck mischen. In den ersten Zügen, weil ich Länder gesucht habe und dann, weil ich Legenden gesucht habe. Ich mische so gerne wie jeder andere auch, aber irgendwann reicht es mir dann auch. Darum hab ich auch dieses Deck aufgegeben.
Was ich allerdings gelernt habe ist, dass man auch hier sehr vorsichtig sein muss, wenn man seinen Gegner*innen Karten auf die Hand gibt. Denn zusätzliche Karte bedeuten auch zusätzliche Möglichkeiten, mit mir und meinem Board zu interagieren. Darum habe ich angefangen, ein paar Pillow Fort Elemente mit ins Spiel zu bringen. Elephant Grass ist super dafür, aber die Klassiker sind eigentlich Propaganda und Ghostly Prison. Diese Karten haben mich beschützt, denn mein Deck hatte recht wenig Kreaturen, die als Blocker funktioniert haben. Windborn Muse ist eine gute Budget Variante dieses Effekts. Doch ich habe in diesem Deck noch nicht viel Interaktion gespielt. Ich habe nur 6 Removal Spells gespielt und war meinen Gegner*innen so an vielen Fronten ziemlich ausgeliefert.

Kwain, der Retter

Nach einiger Zeit habe ich mich von Sisay verabschiedet und das Deck auseinandergebaut. Doch die Idee hat mich nicht losgelassen und ich hab mich nach dem richtigen Commander für diese Taktik umgesehen. Und so bin ich schlussendlich zu meinem Kwain Deck gekommen. Kwain hat keine Tutoren, aber jede Menge Card Draw. Dazu ist es mein Deck mit den meisten Staples wie Smothering Tithe und Cyclonic Rift und das Deck mit der meisten Interaktion. Doch ist der Effekt auf dem Commander so nett und harmlos, dass jeder ihn erstmal ein Group Hug Commander wahrnimmt.
Doch der Schein trügt. Ich mache vor jedem Spiel klar, dass es sich hier um ein nettes Controll Deck handelt. Die Removal Spells sind so ausgewählt, dass meine Gegner*innen nicht ganz ohne Ergebnis dastehen, wenn ihre Spells nicht resolven. Die Counterspells sind zum Beispiel Arcane Denial, Delay und Memory Laps. Die Removal Spells sind Spells wie Generous Gift, Pongify und Suspend. Controll aber nettes Controll, so verkaufe ich das auf jeden Fall.
Doch um zur These dieses Blog Beitrags zurück zu kommen: Die meisten selbsternannten Group Hug Decks sind Controll Decks. Wenn man sein Deck um die zusätzlichen Ressourcen baut, die das eigene Deck generiert, bekommt man immer den größeren Vorteil. Darum spiele ich in meinem Kwain Deck auch eine Smothering Tithe. Ich weiß, dass alle Spieler*innen viele Karten ziehen wollen. Doch so stehen sie vor einer echten Wahl. Nehmen sie Kwains Angebot an, ziehen eine Karte und geben mir einen Treasure, oder lassen sie es und lassen nur mich eine Karte ziehen? In jedem Fall bin ich am Ende fein raus.
Darum will ich noch einmal alle Menschen eindrücklich darauf hinweisen, dass es sehr wenige, echte Group Hug Decks gibt. Geht mit Group Hug um, wie ihr mit einem Controll Deck umgehen würdet, denn häufiger als nicht ist es genau das. Und wenn man nicht früh genug aktiv wird, bekommt man im Late Game keine Chance mehr dazu. Es sei denn, es ist ein echtes Group Hug Deck, das keine finsteren Hintergedanken hat. Dann muss man aber damit leben, dass man den Sieg geschenkt bekommt und wo liegt denn da der Spaß?


Kommentare

  • Leader vs Follower : edh.l.ove
    Antworten

    […] Group Hug ist eine Lüge […]

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