Ich habe mich in den letzten Tagen mit einem kleinen Dilemma rumschlagen, dass mir deutlich mehr Kopfzerbrechen bereitet als es sollte. Es fing einfach damit an, dass ich ein Deck optimieren wollte und nun stelle ich meinen gesamten Prozess in Frage, wie ich Decks baue. Der Commander ist ein sehr wichtiger Teil eines Decks. Er ist die Karte, die wir in jedem Spiel zu Gesicht bekommen und noch wichtiger, er zeigt den Gegner*innen, was sie zu erwarten haben. Doch ist der Commander wirklich so ein essentieller Teil des Decks? Was genau ist die Rolle des Commanders? Darum soll es heute gehen.

Die Vorgeschichte

Es begann eigentlich ziemlich harmlos. Phyrexia: All will be One ist erschienen und hat eine neue Variante der Infekt-Mechanik vorgestellt. Das Set hat mich insgesamt nicht so super abgeholt und ich hatte auch nicht super viel Zeit, mich damit zu beschäftigen. Doch mir haben einige der neuen Karten sehr gut gefallen. Darunter vor allem die, die den Gegner*innen Giftmarken geben, ohne das man sie angreifen muss. Karten wie Prolog to Phyresis oder Infectious Inquiry hat mich ziemlich gereizt. Ich hatte außerdem in meiner Booster Box den blauen Dominus gezogen und so formte sich in meinem Kopf langsam der Plan, ein Deck um Giftmarken zu bauen.

Der Commander ist mir dann auch mehr durch Zufall in die Hände gefallen. Venser, Corpse Puppet hatte nicht nur die richtigen Farben, sondern auch selbst Toxic. Zudem hat er einen Trigger, wann immer ich eine Wucherung durchführe. Das machte ihn zur richtigen Wahl für die Rolle des Commanders. Denn die Taktik des Decks vereint beide Seiten. Schnell meinen Gegner*innen jeweils eine Giftmarke geben und die dann wuchern, bis sie verloren haben. Es passte also alles zusammen. Dachte ich zumindest.
Doch je häufiger ich das Deck gespielt hab, desto klarer wurde mir, dass Venser für mein Deck irrelevant ist. Es ist natürlich nett, wenn ich Zug zwei immer eine Kreatur mit Toxic spielen kann. Doch davon gibt es sehr viele im Deck, einige sogar mit Evasion, die die Marken wesentlich leichter verteilen. Oder ich spiele Prolog to Phyresis und geben allen Gegner*innen eine Giftmarke. Ich hab einfach irgendwann aufgehört Venser zu spielen und das Deck hat trotzdem wunderbar, wenn nicht besser funktioniert.

Das Dilemma

Als ich festgestellt habe, dass Venser kein Mehrgewinn für das Deck ist, habe ich mich natürlich nach Alternativen umgeschaut. Ein Dimir Commander, der mir generischen Value bringt, am besten auch noch Karten zieht. Eine Legende, die mir dabei ziemlich schnell in die Hände gefallen ist, ist Sygg, River Cutthroat. Er kostet auch nur zwei Mana, doch sind es Hybrid Mana. Er ist also noch einfacher zu casten als Venser. Außerdem zieht er in jedem End Step Karten, wenn eine Gegner*inn drei oder mehr Leben verloren hat. Ich hab bis jetzt noch keine Deck um Sygg gebaut, weil er mir immer zu generisch vorgekommen ist. Aber für dieses Deck schien er perfekt zu sein.
Doch als ich ihn am Kopf meines Decks gesehen habe, kamen mir ebenfalls Zweifel. Mein Deck ist ein phyexianisches Giftmarken Deck. Es nutzt sehr viele Mechaniken, die das erste Mal auf New Phyrexia eingeführt worden sind und Sygg hat mit der Plane absolut gar nichts zu tun. Er kommt von Shadowmoor und hat keine Ahnung von Phyrexia und all den schlimmen Dingen, die im Deck lauern. Warum sollte er an der Spitze stehen, wenn er offensichtlich der falsche General ist? Spielt es überhaupt eine Rolle?

Und seitdem bin ich nicht weiter gekommen. Ich habe auf Twitter und diversen Discords nachgefragt, wie andere Menschen in dieser Situation entscheiden würden. Die Antworten waren allerdings nicht besonders hilfreich. Am Ende stand immer: Mach doch, was dich glücklich macht. Allerdings machen beide Optionen mich nicht glücklich. Und das Problem verschärft sich.

Braucht man einen Commander?

Was ist die Rolle des Commanders, das ist die Frage, die ich mir seit dem Venser Debakel stelle. Bis vor kurzem habe ich gesagt, dass er die Rolle des Generals einnimmt. Bei einem Blick auf den Commander kann man sagen, worum es in dem Deck geht und was man zu erwarten hat. Das kann manchmal sehr eindeutig sein, wie bei meinem Atalya Life Gain Deck, oder ein bisschen versteckter, wie bei meinem Yeva Flash Deck. Doch ist der Commander bei mir zumindest immer ein sehr wichtiger Teil des Decks gewesen. Zumindest dachte ich das.
Denn ich habe den Commander meines Nadaar Decks getauscht. Vor allem zur Probe, aber dennoch. Jetzt gerade wird es von Preston, the Vanisher angeführt und wer hätte das gedacht, es funktioniert sehr gut. Deutlich besser als mit Nadaar. Allerdings geht man mit Preston auch ziemlich schnell infinite. Darum hab ich auch hier aufgehört, den Commander zu spielen. Doch das tut dem Erfolg des Decks fast keinen Abbruch.
Einerseits ist es natürlich sehr gut, wenn ein Deck funktioniert, wenn der Commander nicht im Spiel ist. Allerdings stellt sich für mich dadurch die Frage, warum man überhaupt einen Commander braucht. Geht es am Ende nur um die Color Identity? Und wenn das der einzige Grund ist, warum spielen nicht alle Cromat?
Ich baue meine Decks meist sehr Mechanik-fokussiert. Mein The Raven Man Deck ist da ein sehr gutes Beispiel für. Es geht um Cycling und da ist es mir auch egal, aus welcher Edition die Karten mit Cycling kommen. Die Mechanik ist in Mono Schwarz sowieso nicht so doll supported, darum nehme ich da einfach, was ich kriegen kann. Doch dadurch, dass das mechanische Thema so auf den Commander abgestimmt ist, macht mir das nichts aus. Wenn man so will “weiß” der Commander, was zu tun ist.
Doch muss das überhaupt sein? Die Antwort darauf ist: Natürlich nicht. In cEDH haben die Decks meist sehr wenig Flavor und das tut der Stärke der Decks absolut keinen Abbruch. Man kann ein Grixis Decks sehr stark bauen, ohne das man seinen Commander ein einziges Mal gecastet hat. Darum gab es glaube ich auch die Partner Combo aus Rograkh, Son of Rohgahh uns Silas Ren, Seeker Adept. Bevor man irgendwas anderes tut, spielt man Rograkh und hat so Fierce Guardianship und co online, und der Rest ist ein cEDH Deck in Grixis Farben.Doch das ist eben nicht die Art und Weise, wie ich meine Commander Decks baue.

Und jetzt?

Ich baue Flavor oder Mechanik First und da liegt wahrscheinlich auch mein großes Problem mit diesem Deck. Laut Flavor ist Venser die richtige Wahl. Er ist, wenn man so will, das Rezeptbuch des Spiels, das man mit diesem Deck erwarten kann. Doch ein Commander, den man nicht spielt, ist für mich auch kein Commander. Die Rolle ist für mich nicht nur repräsentativ, sondern wirklich etwas wie der Dreh und Angelpunkt des Decks. Wenn ein Commander diese Rolle nicht erfüllen kann, dann ist er schlicht und ergreifend fehl am Platz. Das klingt ziemlich hart und groß dafür, dass ich hier über ein Kartenspiel schreibe. Aber das ist genau, was ich in diesem Fall fühle.
Doch was tut man, wenn es keine guten neuen Bewerber gibt? Infect und Toxic sind keine Mechaniken, die besonders viel Support bekommen. Vor allem in Dimir, also Schwarz-Blau gibt es keine andere Legende, die irgendwie mit diesen Mechaniken interagiert. Die meisten Decks mit dieser Mechanik sind mit Grün im Mix und das finde ich dann schon wieder etwas langweilig. Wie bereits gesagt, mag ich das Deck, das ich da gebaut habe. Wenn es mir nicht gefallen würde, hätte ich diese ganzen Probleme nicht.

Und Menschen, die sich jetzt einen eleganten Weg, wie ich das ganze aufgelöst habe wünschen, werden nun leider enttäuscht werden. Ich habe keine Lösung, der Text ist vor allem dazu da, mich nochmal strukturiert mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Das ist natürlich nicht so schön als Schlusssatz, aber leider die Wahrheit. Die wahrscheinlichste Variante, wie es weiter geht, ist, dass das Projekt auf Eis gelegt wird. Ich habe schon zu viel Kapazität an dieses Deck verwendet, um es einfach wieder auseinander zu bauen. Aber ich sehe auch leider keine elegante Lösung für mein Problem.
Ich werde einfach warten, bis mich der Geistesblitz trifft und ich den perfekten Commander gefunden habe. Oder bis ein Commander gedruckt wird, der besser passt als Venser. Solange werde ich das Deck in meinen Schrank packen und abwarten. Die Karten darin sind sehr spezifisch und werden nirgendwo sonst gebraucht. Darum lasse ich es ruhen und schaue mir das ganze irgendwann einmal wieder an, wenn ich nicht so tief in meiner Sinnkrise stecke. Und in der Zwischenzeit baue ich ein paar Decks, die ihren Commander brauchen. Ein Voltron Deck zum Beispiel um  Thrun, Breaker of Silence

Kommentare

  • Dimir, the new Hotness : edh.l.ove
    Antworten

    […] das gibt es mittlerweile nicht mehr. Wer meinen Struggle dazu nicht mitbekommen hat, kann das gerne hier nachlesen. Es war eine wilde Phase in meinem Deckbau und hat mir unnötig viel Kopfzerbrechen […]

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