Ich habe mir gestern ein Video von Joe Schulz vom EDHREC Cast angeschaut, in dem er über seinen Neujahrsvorsatz redet. Er hat sich vorgenommen, die Zahl seiner Decks zu reduzieren, weil er zu viele Decks hat. Einige seiner Decks haben sich im letzten Jahr zu teuren Staubfängern entwickelt und er hat Sorge, dass es noch mehr seiner Decks so gehen wird, wenn er weiter neue Decks baut. Das Wort “Forever Decks” ist gefallen, also Decks, die man für immer behält. Doch kurz nachdem er diesen Vorsatz gefasst hat, hat er drei neue Decks gebaut. Er hat also nicht weniger, sondern mehr Decks als zum Jahresende. Und das hat mich dazu gebracht, über meine Decks und meine Deckbaurotinen nachzudenken. Und daran, wann das Ende eines Commander Decks erreicht ist.

Forever Decks

Die Idee eines Forever Decks hat ziemlich viel für sich. Es gibt immer einen Grund, warum man ein Deck baut. Sei es, weil man ein Konzept sehr mag, den Commander schätzt oder einfach eine Challenge von seiner Playgroup bekommen hat. In jedem Fall macht man sich Gedanken, sucht sich Karten aus seiner Sammlung oder im Internet und stellt nach und nach ein funktionierendes Deck zusammen. Es kostet Zeit und Geld ein Deck zu bauen und meistens ist die erste Version nicht die finale Version. Also testet man das Deck und bastelt weiter daran. Noch mehr Zeit und noch mehr Geld.
Der Gedanke daran, dass so ein Deck kein Ende haben muss, ist sehr beruhigend. Niemand zwingt einen, sein Deck umzubauen, wenn man das nicht möchte. Commander hat keine Rotation und es werden nur sehr wenige Karten jemals gebannt. Wenn man will, kann man ein Deck in seinen Schrank stellen und nach drei Jahren wieder hervor kramen und damit spielen. Es gibt also keinen technischen Grund, warum man kein Forever Deck haben sollte.

Außerdem hat der Gedanke etwas sehr Tröstliches. In einer Welt, in der alles im Fluss ist, in der ein Set Release den nächsten jagt, kann ein Commander Deck der Fels in der Brandung sein. Ich habe schon einige Decks gesehen, die seit sehr langer Zeit nicht mehr bearbeitet wurden und die trotzdem wunderbar funktioniert haben. Und das ist ja nur die extremste Form eines Forever Decks. Ich habe zuhause eine Infinity Bottle Whisky. In diese Flasche packe ich alle kleinen Reste aus Flaschen, die sich nicht aufzuheben lohnen. Ich mache praktisch meinen eigenen Haus-Blend. Der wird nie leer und auch nie langweilig, weil er sich meinem Geschmack anpasst. Das kann ich allen Whisky Trinker*innen übrigens empfehlen. Aber so ist es auch mit einem Commander Deck. Man kann kleine Dinge ändern, Karten tauschen oder gar den Commander, doch durch die kleinen Änderungen bleibt das Deck konstant und trotzdem frisch.

Das Ende

Alles, was ich bis hierhin geschrieben habe, sind sehr gute Argumente für Forever Decks. Warum bauen wir dann ständig neue? Die beste Antwort, die ich drauf habe, ist: Weil neu aufregend ist. Es sind die selben Gründe, warum wir die Forever Decks am Anfang gebaut haben. Wir finden ein cooles neues Konzept, eine Mechanik oder eben einen Commander. Und schon steht das Konzept für ein neues Deck. Und warum soll man auch kein Deck bauen?
Weil man dann irgendwann 40 oder 50 verschiedene Commander Decks hat. Und ich weiß nicht wie es den Leser*innen meines Blogs geht, aber ich spiele in der Regel nicht mehr als 2-3 Runden Commander die Woche. Das bedeutet, dass ich in einem Monat nicht mehr als 12 Commander Decks spielen kann, selbst wenn ich für jedes Spiel ein neues Deck auspacke. Und wenn ich jedes Spiel ein neues Deck spiele, komme ich auf jeden Fall nicht dazu, ein Deck vernünftig zu testen. Am Ende stehe ich dann mit Decks oder besser mit Konzepten von Decks da, von denen ich nicht sicher bin, ob sie funktionieren. Es sind also zu viele Decks und ich muss mich entscheiden, welche Projekte ich weiterverfolgen will und welche nicht.
Die Entscheidung, welches Deck überlebt, ist dabei nicht sehr einfach. Manchmal ist es mir nach ein paar Spielen klar, dass ich mit einem Deck nichts anfangen kann. Immer wenn ich ein Selesnya +1/+1 Marken Deck baue, warum auch immer, dann dauert es meist ein Spiel, bis ich wieder merke, warum ich kein +1/+1 Marken Deck habe. Der Spielstil gefällt mir einfach nicht. Es sind zu viele Trigger, zu viele Würfel und zu viel Mathe. Aber anscheinend vergesse ich das ab und zu und probiere es dann wieder. Diese Decks finden ein ziemlich schnelles Ende.

Anders sieht es allerdings bei Decks aus, die ich eigentlich sehr gerne mag. Ich habe unglaublich viel Spaß daran, sie zu konstruieren und zu testen. Doch diese Decks sind vor allem witzig, weil es für mich eine Challenge ist, sie zu bauen. Manchmal habe ich ein sehr niedriges Budget. Oder es ist wie bei meinem Raven Man Deck, wo der Commander nicht auf den ersten Blick sein Potential verrät. Doch meistens bin ich mit dem Deck dann irgendwann zufrieden und dann ist das Deck auch fertig für mich.
Fertig ist wahrscheinlich ein gutes Wort, warum ein Deck für mich sein Ende erreicht hat. Wenn ich nicht mehr danach greife und auch nicht mehr daran arbeite, ist das Ende nicht mehr weit. Ich habe nach meinem Urlaub Commander mit Gärtnern verglichen. Diese beiden Dinge wirken im ersten Moment sehr unterschiedlich, aber gerade der Deckbau hat einige Parallelen zur Pflege eines Gartens. Mitunter hat man sich in ein Konzept verliebt, das nur eine Saison lang hält. Und so ist es auch mit Decks.

Was lerne ich daraus?

Wie ich schon dargelegt habe, bin ich ein ziemlich großer Freund von der Idee eines Forever Decks. Doch wenn ich meine Commander Decks anschaue, sind meine ältesten Decks doch nicht älter als zwei Jahre. Mein Colfenor Deck hatte sehr lange den Titel meines ältesten Decks inne. Doch vor kurzem habe ich es auseinander gebaut. Ich habe einfach nicht mehr damit gespielt und ich habe es mehr als ein Jahr in einer Schublade gehabt. Es lag nicht mal mehr bei meinen anderen Commander Decks, sondern in meiner Schreibtischschublade. Alles hat darauf hingedeutet, dass das Deck sein Ende erreicht hat, doch hat es mehr als ein Jahr gedauert, bis ich es wirklich dekonstruiert habe.

Und jetzt im Nachhinein ist der Grund dafür lediglich, dass es mein ältestes Deck war. Ich hab den aller ersten Artikel auf diesem Blog über Colfenor geschrieben und ich mag den Commander weiterhin. Es war viel Sentimentalität mit diesem Deck verbunden, doch jetzt, wo ich es nicht mehr habe, geht es mir besser. Denn mit dem Deck ist auch der Druck verschwunden, irgendwas mit Colfenor anzustellen. Zum Schluss fühlte es sich mehr wie eine Aufgabe an, die man vor sich her schiebt und das ist ein komisches Gefühl für ein Hobby.
Ich habe über mich gelernt, dass ich wahrscheinlich keine Forever Decks bauen werde. Einige Decks überleben einfach länger als andere, doch das bedeutet nicht, dass ich sie ewig behalte. Ich hab einfach zu viel Freude an neuen Decks, als dass ich mich ausschließlich auf meine bestehenden konzentrieren kann und will. Und WotC druckt ständig neue, interessante Commander, bei denen es mir wieder in den Fingern juckt ein Deck zu bauen.
Und was ich vor allem über mich gelernt habe ist, dass das ok für mich ist. Jede*r begegnet diesem Hobby anders und verbringt unterschiedlich viel Zeit damit. Ich bin ziemlich involviert und habe fast so viel Spaß am Deckbau wie beim Spiel. Darum verbringe ich viel Zeit damit und brauche häufiger neues Futter als eine Person, die nicht so tief im Commander Rabbit Hole steckt wie ich. Und beides ist in Ordnung. Das muss ich mir nur oft genug sagen, dann fällt es mir hoffentlich nicht so schwer, wenn ich wieder eins meiner Babys auseinandernehmen muss. 

Kommentare

  • Stefan K.
    Antworten

    Hallo Ove,

    ich bin mehr durch Zufall und Glück als durch eine aktive Suche über deinen Blog gestolpert – und auch, wenn ich nun mehrere Einträge von dir nacheinander gelesen habe, war dieser Beitrag doch der Erste und daher will ich dir hier schreiben.
    Die Gedanken und deine Auffassung davon, wie das Spiel sein könnte (und weder verurteilend „muss“ oder anklagend „sollte“, wie du immer wieder betonst) finde ich durchaus inspirierend und passend zu Themen, die mich selbst gerade beschäftigen.
    Meine Mitschriften aus nun 5 oder 6 deiner Artikel füllen nun zwei Seiten meines Notizhefts, daher darf ich mich in diesem Moment allein für den Gedankenanstoß bedanken.

    Viele Grüße,
    Stefan

    • OveBoyer
      Antworten

      Ich bin sehr froh, dass ich dir zu ein paar Gedanken verhelfen könnte, denn mehr ist es eigentlich nicht, was ich mit diesem Blog bezwecken. Wir können sowieso nur unser eigenes Spiel selbst beeinflussen und ich freue mich, wenn diese Nachricht auch so angekommen ist. Vielen Dank für die Zeit, die du investiert hast und ich hoffe, dass ich auch in Zukunft hilfreich sein kann 🙂

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