In letzter Zeit sind auf MtG Twitter ziemlich viele Gespräche über das Color Pie geführt worden. Welcher Effekt passt in welche Farbe und welcher auf jeden Fall nicht. Sollten alle Farben Zugang zu allen Effekten haben, solange es in ihre Farbe passt? Ist Blasphemous Act ein Color Pie Break? Und wenn, ist das schlimm? Warum sind Farben in Magic überhaupt relevant?
Ich habe mir darüber einige Gedanken gemacht, weil ich mich ebenfalls an der Diskussion beteiligt habe. Und darum schreibe ich heute darüber.
Color Identity
Commander ist das einzige Format in Magic, in dem man mit einer so genannten Farbidentität spielt. Das bedeutet, dass eine Karte zwar Grün sein kann, doch ihre Farbidentität mehrere Farben beinhaltet. Das kriegt man zum Beispiel durch die Kosten von aktivierten Fähigkeiten hin. Golos, Tireless Pilgrim ist eine farblose Kreatur, weil sie keine Farbe in ihren Casting-Costs hat. Seine Farbidentität ist allerdings fünffarbig, weil seine aktivierte Fähigkeit ein Mana jeder Farbe kostet.
Das ist ein Konzept, dass recht intuitiv wirkt, aber von vielen Spieler*innen, die neu im Format sind, falsch gemacht wird. Denn in allen anderen Formaten hat Farbidentität keine Bedeutung. In Commander ist es allerdings ein sehr wichtiger Faktor. Das gilt sowohl für die Wahl des Commander und daraus resultierend die Wahl der 99. In meinem Yeva Deck darf ich eben nur grüne und farblose Spells casten. Das schränkt die Auswahl deutlich ein. Bei Codie gibt es keinen Grund, nicht die besten Spells jeder Farbe ins Deck zu packen. Was die Leute mögen, kommt natürlich stark auf die jeweilige Person an.
Ich zum Beispiel mag Commander, die zwei oder weniger Farben haben. Bei drei oder mehr bin ich schnell überfordert und verliere mich in der großen Zahl der Staples. Ich mag es, wenn meine Decks ein Thema haben, auf dem ich aufbauen kann. Doch ich weiß auch, dass viele Spieler*innen das anders sehen als ich. Und auch das kann ich verstehen. Ist eben alles eine Typsache.
Color Pie Breaks
Der eigentliche Auslöser für diesen Text ist wie bereits gesagt eine Twitter Diskussion gewesen. Ich folge dort einer Person, die gefragt hat, ob Blasphemous Act einen Bruch im Color Pie darstellt. Ich habe an dieser Umfrage teilgenommen und dafür abgestimmt, dass der Act sehr gut ins Color Pie passt. 13 Schaden für alle Kreaturen ist sehr viel, vor allem, wenn man den Spell für nur ein rotes Mana castet. Doch der Effekt fühlt sich für mich sehr rot an und das ist auch schon der Grund für meine Antwort.
Ich war nicht alleine mit dieser Einschätzung. Mehr als 92 % aller Menschen, die geantwortet haben, waren meiner Meinung. Rot ist die Farbe von viel direktem Schaden. Daher passt der Act wunderbar in den Color Pie. Ich hab den Threat aber weiter gelesen und die Person, die die Frage gestellt hat, hat ihre Einschätzung geteilt. Ja, Rot ist die Farbe, die am besten direkten Schaden verteilt. Allerdings ist dieser Schaden meist sehr mana intensiv, ala Fireball. Außerdem sind 13 Schadenspunkte so hoch, dass der Blasphemous Act eigentlich immer ein harter Boar Wipe ist. Und das ist eigentlich etwas, auf das Rot keinen Zugriff hat.
All diese Argumente klingen sehr sinnvoll für mich. Und wenn man sich auf edhrec.com die Top roten Karten anschaut, fällt auf, wie einzigartig Blasphemous Act eigentlich ist. Die Karte ist in 32 % aller Decks mit rot und ist auf Platz zwei der roten Karten. Danach kommt sehr lange nichts, was in Richtung Board Wipe geht. Erst an Stelle 35 kommt Chain Reaction, die, wenn wir ehrlich sind, das gleiche Problem hat wie Blasphemous Act. Sie ist in der Regel auch ein harter Board Wipe und sogar von den Mana Kosten mit Wrath of God vergleichbar.
Es ist natürlich schön, wenn alle Farben Möglichkeiten haben, das Board zu wipen. Doch wenn alle gleich gut sind, was gibt es dann noch für einen Grund, sich für eine bestimmte Farbe zu entscheiden? Die gleiche Frage gibt es natürlich für Card Draw oder Ramp. Wenn alle Farben alles machen können, warum gibt es dann fünf verschiedene? Soll man auf diesem Weg weiter gehen, oder sollte man versuchen, die Zeit zurückzudrehen?
Back to the Beginning
Weniger Farben bedeuten für mich mehr Freude am Deck. Das hab ich schon oft deutlich gemacht. Darum ist die Frage, ob alle Farben in Commander alles tun können sollten deutlich relevanter für mich als für andere Spieler*innen. Wenn es in Commander eine Farbe gibt, die sich als Mono Farbe schwierig spielen lässt, dann ist das in meinen Augen ein Problem. Card Draw und Ramp sind dabei die beiden großen Punkte, ohne die es in Commander nicht funktioniert. Doch das bedeutet für mich nicht, dass man alle Farben einfach aufgeben sollte.
Denn bei aller Kritik an WotC kann man ihnen nicht vorwerfen, dass sie schlecht im Game Design sind. Sie haben für Rot mit dem Impulse Draw einen sehr guten Weg gefunden, Card Advantage zu generieren, der sich auch sehr rot anfühlt. Man bekommt die Karten nicht auf die Hand, aber man kann sie in diesem oder dem nächsten Zug spielen. Dazu gibt es einige Payoffs, die triggern, wenn man diese Karten aus dem Exil wirkt. Dazu zähle ich zum Beispiel Wild-Magic Sorcerer.
Weiß hat seine Niesche noch immer nicht wirklich gefunden, wenn man den Card Draw betrachtet. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass es zu wenig Draw gibt. Damit ist eher gemeint, dass WotC da noch immer sehr zwischen Kreaturen Card Draw alla Welcoming Vampire und Group Draw alla Secret Rendezvous schwankt. Das ist einerseits gut, weil man so nicht auf eine bestimmte Taktik festgenagelt wird. Andererseits wird weiß dadurch ziemlich schnell sehr stark und ich hab in letzter Zeit etwas Sorge, dass Weiß zu viel Card Draw bekommt. Doch das ist ein anderes Thema.
Zurück zu den Farben. Card Draw und Ramp sind sehr wichtig für Commander. Doch jetzt, da jede Farbe damit einigermaßen versorgt ist, würde ich mich sehr freuen, wenn man zwischen den einzelnen Farben weiter Unterschiede behält. Gerade was Board Wipes und Removal angeht, bin ich kein Freund davon, dass die Farben sich immer weiter annähern. Lange Zeit war die einzige Daseinsberechtigung von Weiß, dass es die besten Board Wipes und den besten Removal für alle Permanents hat. Daran hat sich auch weiterhin nichts geändert. Heißt das, dass Weiß nun einen unfairen Vorteil gegenüber Schwarz hat, dass sehr große Schwierigkeiten bekommt, wenn es um Artefakte oder Enchantments geht? Ja, aber das bedeutet nicht, dass man daran etwas ändern muss.
Eine Anekdote
Ich habe gestern mein Raven Man Deck gespielt und saß einer Person gegenüber, die Go-Shintai of Lifes Origin gespielt hat. Diese Person hatte eine Menge Enchantments und eine Sphere of Safety im Spiel. Man hätte also pro Kreatur, die diese Person angreifen will, 8 Mana bezahlen müssen. All meine Kreaturen waren 1/1 Raben und mein Commander und in meinem Deck gibt es eine Karte, mit der ich Enchantments removen kann. Doch ich habe trotzdem gewonnen, weil ich durch ein paar glückliche Zufälle sehr viele Karten gezogen habe. Die konnte ich dann in meinen Skirge Familiar discarden und alle Spieler*innen mit dem Faith of the Devoted drainen. Ich habe also ohne Removal einen Weg um das Enchantment gefunden, der sehr gut in die Farbe Schwar passt.
Das ist eine wichtige Lektion für mich gewesen. Wenn mein Deck eine Schwäche hat, brauche ich einen Backup Plan. Und den kann man in jeder Farbe haben. Wäre es leichter, wenn man einfach in jeder Farbe Removal für alles hätte? Natürlich wäre es das. Würde Magic dadurch als Spiel besser werden? In meinen Augen nicht.
Und die Menschen, die sich von den Möglichkeiten einer Farbe nicht einschränken lassen wollen, spielen einfach zwei. Oder sie spielen gleich drei, oder vier, oder fünf Farben. Das Format bietet so viele Möglichkeiten und so viele Commander, dass jede Person eine Nische findet, in der sie sich wohlfühlen kann. Dieser Komfort muss also nicht zwangsläufig auf die Kosten der Identität der einzelnen Farben gehen.
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