Hallo und willkommen zurück zu einer neuen Ausgabe von “Volrath oder Gerrard”, in der ich mir Texte aus der Community durchlese und am Ende entscheide, wer die “Gute” und wer die “Böse” gewesen ist. Ich zähle am Ende noch einmal auf, welche Wege es gibt, wenn ihr mir auch eure Geschichte zukommen lassen wollt. Doch sei erwähnt, dass ihr mir jetzt auch einfach an volrathodergerrard@gmail.com eine Mail schreiben könnt. Ich freue mich darauf, von euch zu lesen. Doch jetzt geht es erstmal zur heutigen Geschichte und darin geht es um ein Storm Deck.
Die Geschichte
Hallo Ove,
ich bin erst vor kurzem auf deinen Blog gestoßen und habe eine Geschichte, zu der ich gerne deine Meinung hören möchte: Ich spiele noch nicht so lange Commander und habe vor kurzem mein erstes eigenes Deck gebaut. Mir hat die Karte Dragonstorm schon immer sehr gut gefallen, darum habe ich ein Deck nur um diese Karte gebaut. Als Commander habe ich Miirym, Sentinel Wyrm ausgewählt, weil sie ein starker Commander ist und weil ein Freund mir erzählt hat, dass Rot und Blau gute Farben sind, um viele Spells in einem Zug zu casten.
Ich habe sehr lange an diesem Deck gesessen und ich bin sehr stolz auf das Ergebnis. Leider ist meine Sammlung noch nicht so groß, deshalb habe ich mir das ganze Deck erstmal als Proxy-Version ausgedruckt und in meine Playgroup mitgebracht. Die Idee ist, möglichst schnell den Commander zu casten, mit Gamble, Mystical Tutor und Personal Tutor nach Dragonstorm zu suchen und vorher 4 Spells zu casten. Der Tutor ist der Erste, in der Regel kommen dann Rituale wie Mana Geyser oder Jeska`s Will und dann der Dragonstorm.
Als ich das Deck zum ersten Mal mit meiner Playgroup ausprobiert habe, hat es allerdings überhaupt nicht funktioniert. Ich habe am Anfang gleich die großen Drachen gezogen und keinen Ramp gesehen. Meine Freunde haben sich etwas gewundert, was ich denn da für ein Deck abgeschleppt habe und ich bin gestorben, bevor ich die Gelegenheit hatte, meinen Commander zu casten. Zu dem Zeitpunkt war ich etwas salty, denn es gab aus meiner Sicht keinen Grund, dass ich so in den Fokus genommen wurde.
Im zweiten Spiel lief dann aber alles wie geschmiert. Ich habe einen Sol Ring, einen Mind Stone, ein Arcane Signet, ein Kodama’s Reach, Jeska’s Will und zwei Länder auf meiner Hand. So konnte ich im dritten Zug meinen Commander casten, doch mir fehlte es noch an Mana, um den Sack zu machen. Ich habe also im vierten Zug den Jeska’s Will gecastet, um zu schauen, was ich oben auf meiner Bibliothek habe.
Die drei Karten, die ich aufgedeckt habe, waren Xorn, Storm-Kiln Artist und Archmage Emeritus. Das rote Mana vom Will reichte genau für Xorn und den Artist. Und mit einem Ponder und einem Preordain hatte ich dann genug, um den Archmage auch noch zu casten. Der Zug war nicht perfekt, hätte aber auch schlechter laufen können. Denn jetzt ziehe ich für jeden Instant und jede Sorcery eine Karte und mache zwei Treasure.
Doch leider hat mein Deck mich ein bisschen im Stich gelassen. Ich habe einen Spell nach dem anderen gecastet und einen Haufen Treasure produziert. Doch ich habe weder meine Tutoren noch den Dragonstorm gefunden. Nach ungefähr 10 Minuten war der Storm Count bei fünfzehn. Doch habe ich dann endlich etwas gefunden, was mir weitergeholfen hat. Denn da habe ich meine Mizzix’s Mastery gezogen, die ich für die Overload-Kosten casten konnte.
Doch als ich sie gecastet habe, hat es viel gestöhne und Augen-gerolle gegeben. Einer meiner Freund hat gefragt, ob sie nun endlich alle tot seien und gesagt, dass er Storm Decks nicht leiden kann. Ich hab mich etwas angegriffen gefühlt und gesagt, dass ich das noch nicht sagen könne, die Wahrscheinlichkeit aber hoch sei. Da Mizzix’s Mastery ein sehr komplizierter Spell ist, habe ich etwas gebraucht, bis ich die richtige Reihenfolge gefunden habe, in der ich die Kopien der Spells aus meinem Graveyard resolven lassen wollte. Doch soweit sollte es nicht kommen.
Denn nach dem zweiten Spell haben alle am Tisch zusammengeschoben. Mein Zug hat zu diesem Zeitpunkt gute 20 Minuten gedauert, aber ich habe wirklich versucht mich zu beeilen. Ich fand es nicht fair, dass sie mich meinen Stack nicht haben resolven lassen. Denn ich habe mich auch noch nie beschwert, wenn eine Person lange für ihren Zug gebraucht hat. Außerdem habe ich nicht mal gesehen, ob mein Deck am Ende tatsächlich gewonnen hätte.
Und jetzt ist meine Frage an dich, bin ich der Volrath in dieser Geschichte? Ist es schlimm, wenn man versucht, das Beste aus seinem Zug herauszuholen, auch wenn es etwas dauert? Ich bin sehr gespannt auf deine Antwort,
Liebe Grüße,
XXX
Der erste Eindruck
Hallo und vielen Dank für deine Einsendung. Diese Kolumne funktioniert nur, wenn ich auch Geschichten habe, die ich besprechen kann. Und darum danke ich euch von Herzen für jede Einsendung. Doch nun wollen wir uns die heutige Geschichte anschauen.
Ein neues Deck ist immer etwas schwierig einzuschätzen, besonders, wenn es ein Storm Deck ist. Ich habe glaube ich schon mal erwähnt, dass ich am Anfang meiner Commander-Karriere auch eine Liebe für Storm hatte. Daher weiß ich ungefähr, wovon ich spreche. Ein Spiel macht man überhaupt nichts und im nächsten Spiel überfährt man alle. Doch es macht unheimlich viel Spaß, solche Decks zu spielen, weil man viele Entscheidungen treffen muss, um das Puzzle zu lösen, das einem das Deck erstellt.
Doch ist das Problem an diesen Decks häufig, dass man sehr viel Zeit für seine Züge in Anspruch nimmt. Und das ist nun einmal Zeit, die die anderen Spieler*innen damit verbringen, nicht zu spielen. Commander ist sowieso schon das MtG Format, in dem man die meiste Zeit “nichts” macht. Bei vier Spieler*innen teilt sich die gesamte Zeit auf, dass jeder Person 25% zusteht. Du schreibst, dass dein letzter Zug gute 20 Minuten in Anspruch genommen hat. Wenn man davon ausgeht, dass ein Commander-Spiel im Schnitt 90 Minuten lang ist, dann hast du schon 22 % der Gesamtzeit für diesen einen Zug gebraucht.
Das zeigt vielleicht, wo das Problem deiner Freunde liegt. Damit will ich nicht noch sagen, dass du der Volrath dieser Geschichte bist. Ich versuche damit erst einmal herauszustellen, warum deinen Freunden vielleicht der Spaß vergangen ist. Denn wenn jemand in Zug fünf schon so viel Zeit in Anspruch nimmt, dann ist das Spiel entweder vorbei oder schlimmer, der nächste Zug wird noch länger. Das sind in beiden Fällen keine besonders erbaulichen Aussichten.
Du hattest im zweiten Spiel auf jeden Fall eine super starke Hand, was deinen Freunden vielleicht von Anfang an etwas sauer aufgestoßen ist. Der Berg, den man so erklimmen muss, ist gefühlt riesengroß und ein Turn 3 Miirym sorgt nicht unbedingt dafür, dass man sich besser fühlt. Denn mit diesem Set Up ist es fast egal, ob du einfach anfängst, deine Drachen zu casten oder in deinen Storm Turn zu gehen. Wenn der Tisch nicht sofort reagiert, ist das Spiel gelaufen.
Allerdings soll das jetzt nicht in eine Tirade ausarten, warum Miirym ein Busted Commander ist. Doch auch das ist ein Faktor, der in die Reaktion deiner Freunde mit einfließt. Hoffnungslosigkeit sorgt meiner Erfahrung nach bei vielen Commander-Spieler*innen für Ungeduld. Der Zeitpunkt, an dem die Leute ihren Handlungsspielraum verlieren, ist meist auch der, in dem sie die Lust am Spiel verlieren. Dazu habe ich schon mal einen Artikel geschrieben. Wer Lust hat, kann ihn hier nachlesen.
Das Fazit
Diese Geschichte ist sehr schwer für mich zu beurteilen, aber ich tendiere dazu zu sagen, dass du der Volrath bist. Und hier ist meine Begründung dafür: Du hast, nachdem du schon 10 Minuten für deinen Zug gebraucht hast, weitere 10 Minuten gebraucht, bis du deine Spells in die richtige Reihenfolge gebracht hast. Das ist ne sehr lange Zeit, vor allem mit dem Wissen, dass deine Freunde sowieso schon ungeduldig waren.
Die Art, wie du deine Frage formuliert hast, lässt mich vermuten, dass dir “optimales” Gameplay wichtiger war als das Vergnügen deiner Freunde. Und das empfinde ich als den falschen Ansatz. In Commander geht es nicht um Preise. Wir spielen, weil wir eine gute Zeit mit den Menschen an unserem Tisch haben wollen. Wenn die Menschen an deinem Tisch signalisiert haben, dass sie keine gute Zeit mehr haben, dann wäre es der richtige Moment, etwas zu ändern. Vielleicht ist die Reihenfolge der Spells nicht so entscheidend gewesen, dass man da 10 Extra Minuten an Überlegungen drauf verwenden sollte.
Ich will damit nicht sagen, dass du das mit böser Absicht gemacht hast. Ich denke vielmehr, dass du den Raum nicht richtig gelesen und dein Spielerlebnis über das des Tischs gestellt hast. Das ist mir schon sehr häufig passiert und ich habe ein sehr ähnliches Feedback von meiner Playgroup bekommen wie du von deiner. Man ist in dem Moment das Kind, das unbedingt seinen Trick mit dem Ball machen möchte und dabei vergisst, dass die anderen auch mitspielen wollen.
Um so einen Fall in Zukunft zu vermeiden, bietet es sich an, das Deck zu goldfischen. Das macht mir persönlich mit einem Storm Deck fast so viel Spaß wie ein Spiel mit “echten” Gegner*innen. Man hat Zeit, sich die Reihenfolge seiner Spells genau zu überlegen und die Lines zu lernen, die zum Sieg führen. Denn Storm Decks sind kompliziert zu spielen, das will ich gar nicht in Abrede stellen. Man braucht einiges an Übung mit so einem Deck, bis man sich wirklich sicher beherrscht. Doch ich bin der Meinung, dass man dafür nicht die Zeit einer Playgroup verwenden sollte.
Falls ihr auch Lust haben solltet, dass eure Geschichte hier auf dem Blog besprochen wird, könnt ihr mir schreiben. Wie oben schon erwähnt, geht es ab jetzt auch per E-Mail volrathodergerrard@gmail.com. Oder wie immer über Discord, Instagram, oder Twitter. Vielen Dank fürs Lesen und habt einen tollen Tag.
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