von Flo aka Classic Sidepart

Die Diskussion über das Powerlevel eines EDH Decks ist seit jeher Ausgangspunkt für wilde Debatten, tief philosophische Herangehensweisen und einen schier unendlichen Wust aus Meinungen. Und nach dem Eklat mit den Bannings im September 2024 erhoffte sich die Community weltweit eine Lösung all der Probleme. Denn das neue Commander Format Panel (CFP) präsentierte uns im Februar diesen Jahres ihr Bracket System. Außerdem entstand das Konzept der Game Changer. Content gibt es diesbezüglich wie Sand am Meer und dieser Artikel dient nicht dazu, das Ganze nochmals aufzurollen. Er hat vielmehr einen rein subjektiven Charakter, und schildert meine Gedanken dazu, wieso Bracket 3 das alte Powerlevel 7 ist.

Die goldene Mitte

Menschen haben schlichtweg die Tendenz zur Mitte. Dies ist ein Phänomen aus der Sozialforschung. Leute wählen, wenn sie sich auf einer Skala einordnen müssen, lieber die Mitte als die Extreme an beiden Enden. Und hier ist genau das erste Problem. Denn auf der Skala von 1 bis 10 gelten PreCons seit jeher als „Power 5“ Decks. Somit ist die klassische 7 eben genau in der Mitte zwischen diesen sowie den cEDH Decks. Und eben auch im Bracket System liegt die 3 erfreulicherweise zwischen PreCon und High Power bzw. cEDH (Stufe 4 und 5). Beim Einstufen des eigenen Decks ist den meisten Spieler*innen also klar, dass sie nicht im Bereich eines PreCons liegen, aber eigentlich – ob das nun eine realistische Präsentation der Deckstärke ist, oder nicht, sei mal dahingestellt – auch nicht High Power, oder eben cEDH sind. Was wählen sie also? Die gemütliche (dritte) Mitte.

Der zweite Aspekt ist die Beschreibung, dass diese Decks „[…] beyond the strength of an average precon deck“ seien. Diese Aussage ist in meinen Augen mehr als vage, denn dieser Bereich ist sehr groß. Hinzu kommt die trügerische, wenngleich thematisch „on point“, Wahl von drei Game Changern, die diese Decks maximal beinhalten dürfen. Erfahrene Spieler*innen sehen die Liste und denken instinktiv: „Nanu, Karte [hier könnt ihr persönlich einsetzen, was ihr wollt] fehlt da aber auch irgendwie!“. Und genau hier liegt meines Erachtens nach das Problem. Denn ein Deck kann sehr viele, sehr starke Karten haben und trotzdem unter den drei Game Changern laufen. Damit liegt es nominell in Bracket 3, da Bracket 4 (High Power) von der Beschreibung her mit Deckbauparametern aufzuwarten weiß. Diese werden bewusst umgangen, wenngleich das geb(r)aute Deck wesentlich stärker ist, als andere Vertreter in diesem Bracket. Was den Bogen zum oben gewählten Zitat und der absolut gigantischen Auslegungsmöglichkeit schlägt.

Mid-/ vs Highpower?

Letztlich bleibt noch das Problem mit dem falschen Konzept, was High Power eigentlich ausmacht. Dies rechtfertigt einen eigenen Artikel, jedoch ist das „tldr“ des Ganzen: nur, weil ein Deck langsamer ist und nicht zwingend alle für High Power angedachten Staples spielt, ist es mitnichten ein Midpower, oder eben Bracket 3 Deck. Es ist ein Güterzug, der ein wenig braucht, bis er rollt. Tut er dies jedoch, ist er eben nicht mehr aufzuhalten und hat im dem Bracket eigentlich nichts zu suchen. Jedoch ist – ich will nicht zwingend Absicht unterstellen!!! – hier sehr oft das Empfinden: „Das Deck braucht zum Aufbauen und hat kein Fast Mana… also ist es ‘n Bracket 3 Haufen!“, was letztlich ja auch dem damaligen Powerlevel 7 zum Verhängnis wurde, bzw. dazu
führte, dass der meme-ige Satz „Alles ist eine 7!“ ins Leben gerufen wurde.


Insofern hat sich im Universum der Midpower/Casual Community nichts verändert, es muss trotzdem noch ausgiebig über Decks berichtet, erklärt und philosophiert werden und es zeigt sich wieder einmal, dass eine Patentlösung für eine so subjektive Sache nicht in Aussicht ist und selbst seitens WotC schwer bewerkstelligt werden kann. Aber wie auch? Wo Meinungen und Ansichten aufeinanderprallen, wird es niemals möglich sein, eine allumfassende Schablone für Probleme zu entwickeln. Ich selbst habe auch keine ad hoc Lösung dafür, kann jedoch sagen, dass ich nach wie vor sehr skeptisch bin (bei Leuten, die ich nicht kenne!!!), wenn es heißt „Mein Deck ist eine 3!“, denn all den Firlefanz hatten wir vorher auch schon! Nur war es eben nicht die 3, sondern die 7.

Kommentare

  • Delawyn
    Antworten

    TLDR: Powerlevel und Bracket sind m.M.n. nicht vergleichbar, ergänzen einander aber –

    Bracket: Was ist drin? Welche Strategien sind zu ewarten?
    Powerlevel: Wie stark schlägt es damit zu? Wie effizient arbeitet das Deck?

    ————————————–
    Aye, in weiten Teilen sehe ich das ähnlich. Denke aber, dass der Bracket-Gedanke anders eingeordnet werden sollte. Durch die gesetzten Deckbau-Kriterien in den Brackets sind selbige als Ersatz für Powerlevel völlig ungeeignet. Sinnvoll aber als Erweiterung dessen, weil die Brackets in Teilen eine Aussage über den Inhalt des Decks machen. Das lässt Rückschlüsse auf die möglichen Strategien zu. NICHT aber auf die Effizienz und Synergie der Karten im Deck. Daran ändern auch die „Game changer“ nichts.

    Soll heißen:
    Bracket: Was ist drin? Welche Strategien sind zu ewarten?
    Powerlevel: Wie stark schlägt es damit zu? Wie effizient arbeitet das Deck?

    Das Bracket könnte als Aussage darüber betrachtet werden, wie ein Deck sein Powerlevel erreichen soll. Ich sage bewusst „soll“, da es immer noch auf Grundlage persönlicher Einschätzung eingeordnet wird.

    Am Ende bleibt die Notwendigkeit zum Vorgespräch am Tisch, bevor das Spiel beginnt, damit das Spielerlebnis für alle gleichermaßen positiv ist. Egal ob mit Brackets oder Powerlevel oder Kirschkuchen …

    • Classic Sidepart
      Antworten

      Danke für die Antwort!
      Ich gebe Recht, dass das Bracket eher den Weg zum Sieg aufzeigen soll…
      Jedoch finde ich, dass dies ohne eine Besprechung und Erwähnung eines Powerlevels nicht geht, bzw. dass das nahezu gleichzusetzen ist…

      Mein Anliegen für den Artikel war aber vielmehr auch, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass nun alle per Default „Bracket 3“ sagen und dass das – ähnlich wie eben damals Level 7 – trotzdem ein übler wilder Westen an Powerleveln ist und dass sich, anders als seitens der Community erhofft, eben nicht viel geändert hat und – Fazit ja nun einmal – das Gespräch über das, was ich mit welchen Karten vorhabe, eben nach wie vor stattfinden muss und unerlässlich ist.

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